Leben, Stadt

Griff ins Klo: Die AZ schreibt über Frauen und Männer

Hannes Kerber
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Als ob jemand gefragt hätte: „10 AZ-Redakteurinnen geben Nachhilfe, erklären hier, warum Frauen sind, wie sie sind.“ Erst wollten wir einen Text schreiben, dass sich so etwas nicht gehört, dass man so vorurteilsbeladen nicht über Frauen und nicht über Männer spricht. Aber jetzt gibt’s Zitate ohne Diskussion.

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Heute klebten die Zeitungskästen der ganzen Stadt voll mit einem Plakat, das die Aufschrift trug: “So ticken sie wirklich: Gebrauchs-Anweisung für Frauen.” Der Titel ist eine Frechheit. Die Texte selbst ebenfalls.

„Ewig-Migräne und Dauer-Menstruation plagen mich zum Glück nicht. Deshalb gibt es neben dem Kuscheln auch Sex.” (Kimberly Hoppe in „Kuscheln statt Sex?“)

„Warum können Frauen rechts und links nicht auseinanderhalten? Also, erstmal: Das können wir natürlich schon. Ich weiß immer, wohin ich will – nur fällt mir manchmal nicht so fix der Name dafür ein.“ (Anja Timmermann in „Was genau sind links und rechts?“)

„Ein Beispiel: Zum Essen ist Fisch geplant. Nur haben wir seit mittags Lust auf Steak – ungesund, fettig, sagt der Kopf. Kaum liegt der Fisch im, Korb wissen wir: Damit werden wir nicht glücklich. Und gehen zum Metzger. Verrückt? Klar.“ (Anne Kathrin Koophamel in „Warum machen sie nie das, was sie sagen?“)

„Weil Träumen nicht selten schöner ist als die Wirklichkeit. Oder kennen Sie einen Otto-Normal-Mann, der so sexy operiert wie George Clooney alias Dr. Doug Ross in Emergency Room?“ (Verena Duregger in „Warum schauen sie täglich Serien?“)

„Schuhe passen immer – selbst mit Weihnachtspfunden. Schuhe kann man quasi im Vorübergehen anprobieren – ohne sich vorher komplett zu entblättern. Schuhe muss man weder bügeln noch waschen.“ (Natalie Kettinger in „Ständig neue Schuhe – warum?“)

„Was Mann (sich) denkt. Das ist oft so ein Mysterium wie die Socken, die als Paar in die Waschmaschine gehen und als Single herauskommen.“ (Renate Schramm in „Was denkst du, Schatz?“)

„Neben dem kommunikativen Aspekt gibt es aber auch noch den kosmetischen. Obwohl Frauen gerne ihre Handtasche mit aufs Klo nehmen, hat die Freundin bestimmt noch einen Lipgloss oder Kajalstift, der besser ist.“ (Nadja Lebkuchen in „Warum gehen sie immer zu zweit auf die Toilette?“)

„Wir haben nur das natürliche Bedürfnis, uns auszutauschen – wir wollen wissen, ob ihr das auch so seht, welches Kleid ihr schöner findet, ob ihr uns liebt.“ (Laura Kaufmann in „Warum müssen sie über alles sofort reden und lange diskutieren?“)

„Für jede Lebenslage haben wir einen Ansprechpartner auf den Kurzwahltasten im Handy gespeichert.“ (Vanessa Assmann in „Warum telefonieren sie so oft mit Eltern und Freundinnen?“)

„Sie müssen groß sein. Denn rein müssen: Handy, Ladegerät, Kalender, Schlüssel, Geldbeutel, iPod, Wimperntusche, Taschentücher, mindestens zwei Bücher, die AZ und Kaugummis.“ (Annette Zoch in „Warum schleppen sie große  Taschen mit sich herum, in denen sie ewig kramen?“)

Was man hieraus lernt? – Niemand würde öffentlich so über irgendeine Gesellschaftsschicht oder die Bevölkerung eines Landes sprechen oder schreiben. Denn so etwas gehört sich nicht. Es gibt  keinen Grund seine Vorurteile über Frauen oder über Männer auf diese Weise zu verbreiten. Denn so etwas gehört sich natürlich auch nicht (Und die Sache wird nicht besser, weil die Frauen selbst so sprechen und schreiben.)

PS: Ein weises Wort zum Diskurs über Frauen in den Medien schrieb Iris Radisch 2006 in DIE ZEIT (in einem Text über Familienplanung):

“Alle dürfen in unserer Gesellschaft machen, was sie wollen, wenn sie nur können. Sie dürfen den Himmel damit verpesten, dass sie die dreihundertvierzigste Kleinwagenvariante auf den Markt drücken, sie dürfen, weil es ja nun mal nicht anders geht, Atommüll, das RTL-Nachtprogramm und die Bild-Zeitung herstellen und ewig so weiter auf der Fortschrittsleiter. Von ein paar biblischen Grundsätzlichkeiten abgesehen, darf in der freien Welt jeder die Würde des Lebens missachten, so gut es sich für ihn auszahlt. Nur die jungen Frauen dürfen das plötzlich nicht mehr. Sie werden von Leuten, die mit der Buchstabenfolge »Natur« bestenfalls eine Aufschrift auf Jogurtbechern verbinden, auf ihre natürliche Bestimmung hingewiesen. Da ist etwas faul.”

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