Leben

FC Robben: Feixen, lachen, federn

Sebastian Gierke
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Es läuft bei den Bayern – nur einer hat ein Problem: Louis van Gaal ist verletzt.

Und dann begann es zu schneien. Ein dichtes Schneegestöber setzte genau in dem Moment ein, als Jörg Butt zurück in sein Tor lief. Es war die 36. Minute im Spiel des FC Bayern München gegen den FSV Mainz 05. Butt hatte gerade einen Elfmeter verschossen und plötzlich, obwohl der Himmel nur wenige Minuten zuvor noch blau-weiß strahlte, zogen dunkle Wolken über der Arena auf. Nur wenige Sekunden später musste der Münchner Torhüter in höchster Not gegen FSV-Stürmer Airistide Bancé retten.

stadiontag

Sollte der FC Bayern München nach acht Siegen in Folge jetzt tatsächlich in Schwierigkeiten geraten? Gegen diese Mainzer, die am dritten Spieltag die Bayern besiegten und in München die erste Krise der damals noch jungen Saison auslösten? Es sah nur kurz danach aus. Die Münchner gewannen am Ende verdient mit 3:0 (0:0) und waren die dritte Woche in Folge zumindest vorübergehend Tabellenführer.

bayernmainz

Und dennoch, Uli Hoeneß wollte es nicht sagen. Der federte nach dem Spiel beschwingt in Richtung Ausgang, lächelte, noch ein Foto mit einem Fan. Seit er Bayern-Präsident ist und in dieser Position mit seinem Club noch kein Spiel verloren hat, redet er sowieso nicht mehr viel. Nur, dass er eine SMS an seinen Freund Jupp Heynckes geschickt hat, war zu erfahren: In Leverkusen solle man sich warm anziehen, die Jagd sei eröffnet. Das klingt so ein bisschen nach: „Mir san mir. Endlich wieder.“ Doch auch sein Nachfolger Christian Nerlinger sprach es nicht aus. Immerhin, den federnden Sieger-Gang, die Brust vorgestreckt, diesen Gang beherrscht er schon so gut wie sein Vorgänger. Dann noch: Foto, lächeln. Und weg.

Also blieb es den einfachen Angestellten vorbehalten, das bei den Bayern nach dem überzeugenden Sieg nun endgültig zurückgekehrte überlegene Selbstverständnis in Worte zu fassen. Das klang dann zwar nicht bayerisch und auch überhaupt nicht griffig, aber überzeugt, so klang es schon. Zum Beispiel bei Daniel van Buyten, Torschütze des erlösenden 1:0: „Unser größter Gegner sind jetzt wir selbst.“ Oder bei Kapitän Marc van Bommel: „Wir können uns nur selbst schlagen.“ Oder bei Trainer Louis van Gaal: „Wir selbst sind die größte Gefahr für uns, nicht der Gegner“.

Und tatsächlich: Van Gaals einziges Problem ist im Moment wohl der federnde, selbstbewusste Gang. „Ich habe eine Verletzung an meinem Oberschenkel, und ich muss sehr ruhig machen, auch bei einem Tor. Da kommt der Robben wieder zu mir und ich hatte ein bisschen Angst…“

Dieser vermaledeite Arjen Robben. Der hatte den Coach schon vergangene Woche in Bremen aus dem Gleichgewicht gebracht, rannte aber nach seinem Freistoßtor zum 3:0 – zwischenzeitlich hatte noch Mario Gomez getroffen – wieder auf den Trainer zu, der zum Jubeln aufgesprungen war. „Soll er doch einfach sitzen bleiben“, rügte van Bommel seinen Trainer deshalb. „Die Bank ist bequem.“ Van Gaal, da er nun aber schon einmal stand, überlegte kurz, verzichtet diesmal auf einen Fluchtversuch und musste den in seinen langen weißen Liebestöterunterhosen heranfliegenden Robben also, trotz verletztem Oberschenkel, lieb haben. Aber nur kurz. Dann entglitten dem Trainer Robben und seine Gesichtszüge – vor Schmerz. Aber nur kurz. Sonst strahlte das Gesicht vor Zufriedenheit.

Dieser vermaledeite Robben. Das dachte sich wohl auch Thomas Tuchel. „Wir hatten keine Chance, Gratulation an den Gegner“, sagte der Mainzer Trainer. Mehr war nicht zu sagen. Und das lag überwiegend an dem wieder überragend aufspielenden Niederländer, dem Tuchel aufgrund kranken Stammpersonals nicht einmal einen gelernten Linksverteidiger entgegenstellen konnte. Kapitän Tim Hoogland jedenfalls war gegen Robben nicht einfach nur überfordert. Er war schlicht kein Gegner. Deshalb wohl schmiss er sich kurz vor Spielschluss einfach auf den Boden, als Robben auf ihn zu dribbelte. Und tatsächlich war der Niederländer ob diesem fast schon unterwürfigen Zweikampfverhalten so überrascht, dass er den Ball verlor. Die restliche Zeit aber spielte Robben auf einem Niveau, mit dem er, was die künstlerische Umsetzung von Fußball angeht, in der Bundesliga neue Maßstäbe setzten würde, hätte nicht Franck Ribéry das schon vor einiger Zeit getan.

Der Franzose zeigte sich bei seinem zweiten Kurzeinsatz zwar leicht verbessert. Doch der Chef auf dem Platz, das ist er noch lange nicht, deutlich zu erkennen, als Ribéry kurz vor Schluss schon loszuckte, um einen Freistoß zu treten, Robben jedoch dazwischensprintet – und traf. Die Beziehung der beiden belastet das nicht. Sie verstehen sich. In der vergangenen Woche fielen Robben beim Öffnen seines Spinds große Mengen Mini-Salamis entgegen. Ribéry hatte sie dort deponiert, feixte.

Allerorten wird bei den Bayern im Moment gefeixt, gelacht, gefedert. Zum dritten Mal in Folge eroberte man die Tabellenspitze – wenigstens vorübergehend (das Spiel Leverkusen gegen Freiburg war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet). Nur eben das Jubeln macht einigen Schwierigkeiten. Van Gaal jedenfalls erklärte das Spiel gegen Mainz zum bisher besten Heimspiel der Saison – und hielt sich den Oberschenkel.

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