Kultur

Walzer der Emotionen

Regina Karl
Letzte Artikel von Regina Karl (Alle anzeigen)

Schorsch Kamerun und Andreas Kriegenburg widmen sich in den Kammerspielen der Liebe – mit zwei ganz verschiedenen Abenden.

Endlich, endlich, ist wieder einmal Weihnachten. Aktuellen Umfragen zufolge und wider der Massenschieberei in der Kaufingerstraße wünschen sich 80% der Deutschen einfach nur Harmonie und… Liebe.

Nicht nur unterm Weihnachtsbaum wird die Liebe groß geschrieben, auch die Münchner Kammerspiele haben sich das Thema mal schnell für die Adventszeit auf die Fahnen geschrieben.

Zuerst durfte die bewährte Krawallnudel Schorsch Kamerun ran. In seiner Erfindungsabend-Reihe, in der er mit anderen Kunstfexen wie Alexander Kluge oder Pollyester aktuelle Themen aus dem Spielplan performt, diskutiert und besingt, frage Kamerun pünktlich zum 2. Advent, was die Liebe denn eigentlich kostet. Der Abend wurde eine open scene mit viel Bier, Improvisation, Ironie und Expertentum. Dass das Sprechen über die Liebe, so spontan und flapsig man es auch halten mag, einen doch immer wieder einholt, wurde spätestens dann klar, als dem Psychoanalytiker Marcus Coelen auf der Bühne von Kamerun der Saft abgedreht wurde. Kamerun warf ihm vor, zu viel Experte zu sein und zu wenig über sich und seine Liebe zu erzählen. Authentizität, baby! Authentisch war an diesem Abend dann leider nur noch Kameruns verbrämter Regie-Narzissmus. Man konnte live dabei sein beim Aufstieg und Fall des Regie-Theaters und nach fast 3 Stunden Geschichten, Gefasel und Gesinge wusste man zumindest eines: Die Liebe, die hat auch und gerade im Theater recht viel mit Selbstliebe zu tun.

Aber ganz vorbei ist die Weihnachtszeit ja noch nicht. So wird denn der Liebe von denn Kammerspiele auch noch eine zweite Chance gegeben: Wer sein Feiertagsprogramm noch nicht völlig mit Gänseleber und Lebkuchen vollgestopft hat, dem sei Kriegenburgs „Alles nur der Liebe wegen“ am 25.Dezember ans Herz gelegt. Kriegenburg zeigt eine Revue mit und von der Liebe. In einem prunkigen und pompigen Spiegelsaal aus wunderbar kitischigem rosa Marmor lässt er je 3 Frauen und 3 Männer durch die Höhen und Tiefen der Liebe mäandern. Mal ist man glücklich zu zweit, mal glücklich allein, mal soundso niemals glücklich, denn wer kann denn heute noch glücklich werden, wenn keiner mehr die Liebe ernst genug nimmt und man sich den Partner aus den Portfolios der Kontaktbörsen und Speeddating-Agenturen aussuchen darf. Kriegenburg findet viele, nach wieder fast 3 Stunden fast zu viele Bilder für die Liebe. Von der Tombola, bei der man eine echte Umarmung von Wiebke Puls gewinnen kann, bis zum romantischen Walzer der nicht recht gelingen mag, weil der Schuh drückt. Vieles ist Klischee, einiges überspielt und manches sogar wahr. Aber so ist sie eben, die Liebe: Alles und nichts zugleich, eben unbeschreiblich.

Nur für den Fall, dass es nicht klappt mit der Liebe zu Weihnachten: In Kameruns nächstem Stelldichein am 30.01. geht es übrigens um „Evolution und Revolution“. Was ein Vorsatz fürs neue Jahr!

No Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons