Kultur, Nach(t)kritik

Der Sturm oder doch nur ruhige See?

Der Sturm 6

Stefan Puchers Inszenierung von „Der Sturm“ läuft bereits seit 2008 in den Münchener Kammerspielen. Eine seltsame Kombination aus Moderne und Shakespeare.

Um sein rechtmäßiges Herzogtum Mailand wieder einnehmen zu dürfen, das ihm sein hinterhältiger Bruder Antonio einst wegnahm, erzeugt Prospero, der den schwarzen Künsten mächtig ist, einen Sturm. Dadurch wird das Schiff des Königs samt Gefolge auf die Insel des Magiers gespült. Und so nimmt Prosperos Treiben seinen Lauf. Shakespeares Protagonist arrangiert Liebesgeschichten, Zwiste und Bekanntschaften. Das alles geschieht nicht nur zu Gunsten seiner Rachegelüste, sondern auch um sich selbst zu inszenieren, damit das Publikum zum Schluss Beifall klatscht.

„Der Sturm“ (im Original The Tempest) wird als das letztes Theaterstück des weltbekannten Schriftstellers William Shakespeare angesehen. Am 22. November 2011 fand unter der Leitung von Stefan Pucher eine Neuinszenierung an den Münchener Kammerspielen; vorerst die letzte Aufführung in diesem Jahr. Diese sorgte für irritierte Zuschauer. Standing Ovation gab es nicht.

Die Kostüme waren zwar vielfältig und schön detailliert ausgearbeitet und die schauspielerische Leistung der Bühnendarsteller war auch tadellos, besonders die der Hildegard Schmahl, jedoch wurde im Grunde kein Shakespeare auf die Bühne gebracht. Gewiss glänzte Schmahl in ihrer Rolle als Prospero, durch ihr reifes alter und ihre 50-jährige Schauspielerfahrung – zu Beginn sehr holprig, zum Schluss großartig. Auch Walter Hess’ Leistungen waren solide, wie es von ihm nicht anders zu erwarten war. Im Speziellen brillierte Jochen Noch, der kurzfristig die Darstellung des Sebastians übernahm, die eigentlich für Jörg Witte vorgesehen war. Wenn die Zweitbesetzung Noch schon mit seiner schrulligen und überaus professionellen Art Sebastian verkörpert, wie grandios wäre da die Erstbesetzung gewesen, wenn Witte nicht krankheitsbedingt absagen hätte müssen.
Das Bühnenbild muss nicht weiter erwähnt werden: Drehbühne mit spartanischen Requisiten.

Der Sturm 4

Moderne Einflüsse. Ein Mischmasch aus Englisch und Deutsch. Hippie-Kleidung. Das alles hat doch in keinster Weise etwas mit dem großen Poeten und Dramaturgen zu tun, oder?! Richtig. Hat es nicht. Als eine regelrechte Vergewaltigung des Meisterwerkes kann Puchers „Des Sturm“ bezeichnet werden. Hierbei stand nicht das Werk Shakespeares im Vordergrund, sondern vielmehr der Grundgedanke mehr Modernes und technischen Aufwand einzubinden um das Theaterstück noch mehr zu entstellen. Weit hergeholt wäre die Inszenierung eventuell als Gesellschaftskritik zu verstehen: Die Gesellschaft, die immer mehr ihren Wurzeln entsagt und sich mit der amerikanischen Kultur verwebt, der Konsumwahn und die Technisierung der Welt. Doch das wäre wirklich an den Haaren herbeigezogen. Im Allgemeinen hatten die Schauspieler viel Spaß auf der Bühne und Pruch wollte lediglich seine „innovative“ Schiene weiterverfolgen, die er bereits in „Othello“ in Hamburg manifestierte.

Jeder der sich vorgenommen hat 2012 das Pruchers „Der Sturm“ zu sehen, sollte entweder große Englischkenntnisse vorweisen können oder zumindest das Werk bereits verinnerlicht haben, um zu wissen, wo das Sujet gerade steht. Allemal keine Theatervorstellung für wahre Shakespeare-Liebhaber.

Der Sturm 3

Weitere Informationen zum Stück Der Sturm

Fotos: © Arno Declair / Kammerspiele

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