Leben, Nach(t)kritik, Stadt
München vergessen.
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55 Orte in München die man getrost wieder vergessen kann – ein Buch für Leute, die auch sonst jede Liste mit unnützem Wissen mit soviel Hingaben studieren wie niemals etwas, das wichtig wäre.
Das Karlstor ist benannt worden nach dem Kurfürsten Karl Theodor; vorher hieß es Neuhauser Tor. Karl Theodor erließ ein Verbot der Geheimgesellschaft der Perfectibilisten. Trotzdem war er beim Volk verhasst wie kein zweiter bayerischer Monarch. Entsprechend tragisch sein Ende. Der Leibarzt verabreichte ihm oral ein gesegnetes Muttergottesbildchen, worauf er starb. Sein Leichenzug wurde mit Steinen beworfen. Den Karlsplatz nennen die Münchner aus Trotz Stachus.
In Zeiten, in denen nahezu alles archiviert, aufbewahrt und abgespeichert wird, gilt es gerade auch das Vergessen zu kultivieren. Da erscheint es wohltuend, neben schier endlosen Reihen von Alles, was man wissen muss-Ratgebern das bezaubernde Büchlein von R. W. B. McCormack zu finden mit dem bezeichnenden Titel: 55 Orte in München die man getrost wieder vergessen kann. Auf einer Fototour mit Bildern, die eher an Skandalreportagen aus Brennpunktvierteln erinnern, führt er an wenig bekannte und ebenso wenig bedeutsame Orte in der Weltstadt mit Herz und gibt passende lokale Belanglosigkeiten zum Besten. Wie es allerdings mit unnützem Wissen so ist, wird man gerade diese Infos und Anekdoten kaum mehr aus dem Kopf bekommen“ was aber immerhin in Zukunft Bekannte auf Besuch bei der obligatorischen Stadtführung erfreuen sollte.
Der Kehricht symbolisiert, was von der gewesenen Nacht blieb“ im P1, einer Disco neben dem Haus der Kunst für B- und C-Prominente. Bekannt geworden ist das P1 durch seine Mottoparties. Ein Beispiel: Zur Belustigung der renommistisch aufgewichsten Gäste hängen sich Studenten in Jesuskostümen ans Kreuz.
Ein gegenständlicher und ein abstrakter Maler gerieten sich in diesem Schwabinger Atelier nach dem Genuss von mehr als einer Flasche Kallstadter Kobnertüber den richtigen Kunstbegriff in die Haare. Der abstrakte Maler vermochte in einem Seestück des gegenstündlichen Malers keine Kunst zu erkennen, da jenem über das Darstellend-Ornamentale hinaus zustzliche Verständnisebenen fehlten. Worauf der gegenstündliche Maler dem abstrakten Maler ein Haarbüschel samt Kopfschwarte ausriss.
R. W. B. McCormack: 55 Orte in München die man getrost wieder vergessen kann.
Christina Scheuerer Verlag
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Bild- und Textmaterial: (c) R.W.B. McCormack: 55 Orte in München die man getrost wieder vergessen kann.
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