Kultur

“Hinterfotzigkeit und Abgründe”.

Thomas Steierer

hadermussweg

Er gehört zu den ganz Großen seiner Branche im deutschsprachigen Raum: Der österreichische Kabarettist Josef Hader, hierzulande auch bekannt als Schauspieler im Kultfilm „Indien“ sowie Verfilmungen von Wolf-Haas-Romanen wie „Der Knochenmann“ oder „Komm, süßer Tod“. Am 24. November spielt der Wahlwiener „Hader muss weg“ im Volkstheater. Im Interview spricht Hader über das Phänomen seiner Dauerbrennerprogramme, den Reiz am Drehbuchschreiben und Grenzen von Satire.

Seit geraumer Zeit spielen Sie parallel die Best-of-Werkschau „Hader spielt Hader“ mit Nummern und Liedern sowie „Hader muss weg“, ein Theaterstück mit sieben von Ihnen gespielten Figuren. Wie erklärt sich das Phänomen Ihrer Dauerbrennerprogramme, die seit ihrem Durchbruch mit „Privat“ jeweils beinahe jahrzehntelang höchst erfolgreich zur Aufführung kommen?

Wenn man wie ich im gesamten deutschsprachigen Raum spielt, ist es möglich, immer wieder neues Publikum zu erreichen. Zudem spiele ich stets nur die Hälfte des Jahres über, ansonsten widme ich mich anderen Projekten wie Drehbuchschreiben und Schauspielerei. Die Programme entwickeln sich sehr stark weiter, wie ein Organismus, der anfangs jung und ungestüm ist und später älter und raffinierter wird. So wie der Mensch, so sind auch die Programme im Laufe der Jahre.

An welchen Projekten arbeiten Sie im Moment, was ist in näherer Zukunft zu erwarten?
Seit dem Sommer schreiben der Autor Wolf Haas, der Regisseur Wolfgang Murnberger und ich am Drehbuch zur Verfilmung des Wolf-Haas-Krimis „Das ewiges Leben“. Der Protagonist, Kommissar Brenner, wacht im Krankenhaus auf mit einem Kopfschuss und weiß nicht mehr, woher er diesen hat und versucht, obwohl sehr rekonvaleszent, das herauszufinden.

Was macht für Sie den Reiz beim Drehbuchschreiben aus?
Dasselbe wie beim Kabarett: Etwas zu schreiben und dann selbst spielen zu können.
Drehbuchschreiben unterscheidet sich meistens jedoch grundlegend vom Kabarett, eine ganz andere Dramaturgie und viele Figuren. Allerdings: Mein Programm „Hader muss weg“ ist gewissermaßen wie ein Drehbuch geschrieben.

Welche Bedeutung hat für Sie Präsenz in Fernseh-Kabarettformaten?
Fernsehen ist Werbung, ich werde eingeladen, spiele dort forciere Auftritte nicht selbst. Eine eigene Sendung wäre nichts für mich, für dieses Format halte ich mich nicht so geeignet. Ich habe nichts dagegen: Mein Kollege Alfred Dorfer dagegen macht das ausgezeichnet.

Mit Alfred Dorfer haben Sie bereits im Kultfilm „Indien“ kongenial zusammengewirkt, ist ein neues gemeinsames Projekt absehbar?
Wir treffen uns regelmäßig im Kaffeehaus und plaudern, eine zündende Idee für eine weitere Zusammenarbeit nach „Indien“ ist bislang noch nicht gekommen.

Eine Grundsatzfrage: Warum machen Sie Kabarett, hat bezüglich Anspruch und Motivation im Laufe der Jahre bei Ihnen ein Umdenken stattgefunden?
Nein. Als ich mit Kabarett begonnen habe, hatte ich nicht das Ziel, die Welt augenblicklich zum Besseren zu wenden. Etwas zu bewegen, Kritik zu üben, das schon –aber nicht sofort. Insofern bin ich nicht enttäuscht. Kabarett eignete sich am besten, ohne viel Geld haben zu müssen und sofort spielen zu können –im Gegensatz zum Film und zum Theater.

Sie sind viel in Deutschland unterwegs. Worin bestehen die deutlichsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede der hiesigen Kabarettszene und der Österreichischen?
Gerade das bayerische und das österreichische Kabarett haben mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede, sind sich durchaus ähnlich. Beide kommen vom Volkstheater her, sind saftiger und nicht rein intellektuell. Beide operieren sehr gerne mit Hinterfotzigkeit und Abgründen, wenn man den Münchner Gerhard Polt mit dem Wiener Helmut Qualtinger vergleicht, da finden sich einige Berührungspunkte. Ein Unterschied besteht sicher darin, dass das österreichische Kabarett sehr stark von Wien beeinflusst ist, ein nahezu rein Großstädtisches ist, während das Kabarett in Bayern aus dem ganzen Land kommt.

Gerade aktuell in der Diskussion gewesen ist das Papst-Cover der Satire-Zeitschrift „Titanic“. Wo hört der Spaß auf?
Die Grenzen von Satire sind für mich überschritten, wenn Menschen persönlich verletzt werden. Ich glaube aber nicht, dass “Titanic“ diese Grenze mit dem Papst auf dem Titelbild verletzt hat. Ich finde nicht, dass religiöse Gefühle verletzt werden, wenn Würdenträger thematisiert werden. Auch wenn manchmal der Eintrag entsteht, dass der Papst bedeutender ist als Jesus Christus.

Etwa angesichts der wohl bevorstehenden Parteigründung vom austrokanadischen Industriellen Frank Stronach in Österreich, die laut Umfragen erfolgreich sein könnte und den politischen Ambitionen des Berliner Rappers Bushido: Inwieweit sind die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Ereignisse derart Realsatire, dass Kabarett von der absurden Wirklichkeit übertrumpft wird?
Dass Leute wie Stronach Erfolg haben, ist ein Ausdruck von breiter Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit den Berufspolitikern. Ich halte diese Unzufriedenheit nicht für unberechtigt, weil die Regierungen über Jahrzehnte nicht aus ihren Fehlern gelernt haben.

Josef Hader: Hader muss weg. Zu sehen am 24. November (20 Uhr) im Volkstheater. Karten kosten  zwischen 18 und 26, ermäßigt 13 Euro.

Foto: Lukas Beck

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