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Jenseits der alltäglichen Dimension

Michael Sailstorfer,Popcorn 2

Am 25.1.2013 wurde in der „lothringer 13_halle“ die Ausstellung „Reframing the Ordinary“ eröffnet. Innerhalb des umfassenden Geflechts alltäglicher Erfahrung kommt den Dingen eine prägende Funktion zu, indem sie darin zu Bedeutungsträgern für Beziehungen, Erinnerungen und Werte werden.

Die in der Ausstellung präsentierten Werke aus den Bereichen Skulptur, Malerei, Fotografie, Video und Installation hinterfragen auf exemplarische und vielschichtige Weise das Wesen und die Bedeutung der Dinge und regen einen Prozess der Umdeutung an. Dabei werden Transformationsvorgänge und Werteverschiebungen ablesbar, die die Entstehung einer veränderten Aufmerksamkeit und damit eines neuen Assoziations- und Interpretationshorizontes hervorrufen.

Der Künstler Max Sudhues zeigt uns den Umgang mit dem Digitalen und Analogen, indem er Projektoren „ausgeweidet“ hat und die Einzelteile an die Wand projeziert. Sein Werk weist drei Dimensionen auf. In der Frontseite lassen sich kunstgeschichtliche Bezüge finden. Die Projektoren werden selber zum Bild. Sudhues führt uns in seiner Collage „Shadows of the Future“ gekonnt eine Erweiterung der Medien vor, ebenso wie einen Transformationsprozess des Alltäglichen.

Max Sudhues Rauminstallation

Max Sudhues in seiner Rauminstallation

Max Sudhues,  Rauminstallation

Christopher Muller experimentiert mit dem Stilleben in der Fotografie. Mit dieser Thematik setzt er sich bereits seit rund zwanzig Jahren intensiv auseinander. Die ausgestellten Werke haben die Neuanordnung zum Thema, präsentiert auf einem neutralen weißen Hintergrund.

Christopher Muller,Stilleben

Dominique Ghesquière stellt ihre Arbeit „escabeau“ (Trittleiter) vor, wo die Leiter doppeldeutig besetzt wird. Illusorisch und vielschichtig fordert das Objekt den Betrachter heraus. Bei der näheren Auseinandersetzung mit der im Raum installierten Trittleiter muss der Rezipient sich eingestehen, dass diese in ihrer Funktion nutzlos und unbrauchbar ist. Die Trittleiter ist aus einer keramischen Masse gefertigt. Eine sonst robuste Trittleiter ist nun fragil.

Domimique Ghesquière,escabeau

Michael Sailstorfer zeigt in eine skulpturale Installation, bei der eine Assemblage aus unterschiedlichen industriellen Einheiten entsteht, wie z. B. Heißluftfön, Förderband und diverse elektronische Komponenten. Das Ganze wird zu einer Popcornmaschine, diese wiederum Bestandteil einer Reihe von Popcornmaschinen. Doch die Installation will einen Prozess des Umdenkens einleiten und uns wegführen von den Assoziationen Popcorn-Kino-Freizeit. Sie transformiert sich ad absurdum temporär selbst.

Michael Sailstorfer,Popcorn 2

Michael Sailstorfer,Popcorn Förderband

Der Künstler Peter Dreher malt täglich seit 1974 ein Wasserglas bei immer gleichen Gegebenheiten. Wir können hier von einer gekonnten Überhöhung des Alltäglichen sprechen.

Glasbilder von Peter Dreher

Beim Werk von Nathalie Bookchin sehen wir eine „You Tube“- Auseinandersetzung. Sie hat sich das Thema Parkplatz-Nutzung gewählt und zeigt uns Video-Sequenzen, in denen der global standardisierte Parkplatz Schauplatz unterschiedlichster Begegnungen und Aktivitäten wird. Mittels ihrer Arbeit führt sie uns auch eindringlich die Wiederholung kreativer Leistungen vor.

Der Film „Der Lauf der Dinge“ markiert den internationalen Durchbruch des seit 1979 bestehenden Künstlerduos Peter Fischli und David Weiss. Darin wird jeder Gegenstand zum Akteur innerhalb der im Video ausgelösten Kettenreaktion von Ereignissen. Jedes einzelne Ereignis wird wiederum zum Auslöser eines Neuen. Ein genialer Film, der fesselt von der ersten Sekunde an.

Ceal Floyer präsentiert eine Videoinstallation, in der sie zwei verschiedene Zustandsveränderungen von Wasser auf zwei Monitoren zeigt. Ihre Arbeit regt zur Meditation an.

Michael Sailstorfer und Jürgen Heinert zeigen zusammen eine Holzhütte, die sich selbst abträgt und auflöst. Die Hütte erscheint in diesem Video als Skulptur, als Betrachtungsgefüge, welches Schicht für Schicht wieder freigelegt wird. Diese Ausstellung schafft einen neuen Wahrnehmungsraum, der eine alternative Lesbarkeit und Sensibilisierung in der Erfahrung des Alltäglichen ermöglicht.

Fotos: Katrin Moritz

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