Kinogucken

Der Meister tanzt

Thomas Empl

Schon immer wird Hollywood gerne Einfallslosigkeit und ein Mangel an neuen Ideen nachgesagt. Sequels, Prequels, Remakes… Fast & Furious 6, Transformers 4, Fluch der Karibik 5… die Liste ist lang. Da erscheint es fast schon wieder originell, ein Making-Of zu verfilmen. Hitchcock basiert auf einem Sachbuch mit dem Namen „Alfred Hitchcock and the Making of Psycho“. Was, nebenbei erwähnt, ein passenderer Titel gewesen wäre.

HitchcockWEB

Hitchcock erzählt nämlich keineswegs die Lebensgeschichte des Meisterregisseurs, sondern konzentriert sich ganz auf die Entstehungsphase seines berühmtesten Films. Ein Segen, denn Biopics gibt es schließlich ebenfalls an jeder Ecke. Anthony Hopkins spielt, versteckt unter Bergen von Make-Up, den zu dem Zeitpunkt 60-jährigen Hitchcock, der an einem Wendepunkt seines Lebens steht. „Der unsichtbare Dritte“ ist ein Kassenschlager. Doch die Studiobosse von damals stehen den heutigen in nichts nach und verlangen von ihm nur noch, dass er das immer Gleiche immer weitermacht.

Ein Quentin Tarantino spricht heute sogar pausenlos von einem „Verfallsdatum“ für Regisseure, weswegen er er selbst mit 60 aufhören wolle. Alfred Hitchcock ist an diesem Punkt, wird aber weiterhin getrieben vom Wunsch, das Publikum noch einmal zu überraschen und zu schockieren. Er stößt auf das Buch „Psycho“: Mord, nackte Haut, Inzest, Transvestitismus – kein Studio will mit diesem Stoff etwas zu tun haben, weswegen “Hitch” und seine Frau Alma (Helen Mirren) die Finanzierung selbst übernehmen – auf die Gefahr hin, ihr Haus zu verlieren.

Das Projekt „Psycho“ kommt ins Rollen. Und Hitchcock auch. Unter dem mal mehr, mal weniger überzeugenden Make-Up blüht Anthony Hopkins auf wie seit Jahren nicht mehr und hat sichtlich Spaß am schwarzen Humor seiner Figur. Die Chemie mit Helen Mirren stimmt und auch dem Rest des Ensembles gelingt es, Stars längst vergangener Zeiten wiederauferstehen zu lassen. Hitch geht beim Dreh der legendären Duschszene selbst mit dem Messer auf Janet Leigh (Scarlett Johannson) los, weil die ihm nicht ängstlich genug schreit und Anthony Perkins (James D’Arcy) offenbart beim Casting als Norman Bates wirkliche Mutterkomplexe.

All diese Einblicke in die Entstehung eines Klassikers und in das Innenleben eines genialen Regisseurs sind höchst amüsant, erfrischend anders und teilweise sogar sehr lustig. Leider verliert sich der Film im Mittelteil ein bisschen in Seifenoper-artigen Eifersüchteleien. Hitchcock erwischt Alma bei (scheinbar) außerehelichen Aktivitäten, die wiederum wirft ihm vor, er sei (verständlicherweise) in seine blonde Hauptdarstellerin verliebt. All das führt letzten Endes, genau wie ein paar deplatziert wirkende Halluzinationsszenen, zu nichts, was die Handlung wirklich weiterbringt.

Dass die dramatischen Ansätze so abfallen, zieht leider die zahlreichen richtig guten Momente ein wenig mit herunter, hält Hitchcock aber nicht davon ab, ein größtenteils sehr gut unterhaltender Blick hinter die Kulissen zu sein. Als „Psycho“ endlich im Kino läuft, steht Alfred Hitchcock hinter den Türen des gefüllten Premierensaals. Man hört die Dusche, die Streicher setzen ein… der kleine, rundliche Mann wartet auf die Reaktion des Publikums. Und als das zu kreischen anfängt, beginnt er zu tanzen, dirigiert vergnügt die Schreie des Entsetzens. In dem Augenblick kann man ihn nur lieben, den Master of Suspense.

hitchcockandwife

(Kinostart ist der 14.03.13
Laufzeiten gibt’s hier.)

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