Kinogucken, Leben

Filmfest München: “The Spectacular Now”

Jonas Bock
Letzte Artikel von Jonas Bock (Alle anzeigen)

spectacular-now

Es gibt Leute, die weisen bei den Worten “Highschool und Teenies” in Verbindung mit dem Satz “Das is so’n Film über” heftige allergische Reaktionen auf. Zugegebenermaßen sind Filme, die von Schwierigkeiten amerikanischer Highschool-Schüler handeln, nicht unbedingt Garanten für großartiges Kino.

“The Spectacular Now”, den es ebenfalls beim diesjährigen Filmfest zu sehen gab, möchte man zunächst in dieselbe Ecke packen. Doch wer den Film als Highschool-Teen-Schmonzette abtut, verpasst so einiges!

Wenn ein Wort den Protagonisten des Films namens Sutter Keely beschreibt, dann ist es wohl – Charisma. Ob auf Parties, in seinem Nebenjob bei einem Herrenausstatter oder bei seiner wohlgestaltigen Freundin… ganz mühelos schüttelt er mal hier mal da eine halbe Tonne Charme aus dem Ärmel. So lässt er sich auch nicht unterkriegen, als seine Beziehung kurzerhand in die Brüche geht. Er lebt eben im jetzt, yolo, carpe diem, oder wie man eben sagen möchte.

Zugegeben, der Prolog der Handlung wirkt etwas laut, herkömmlich und grob. Doch was sich danach entspinnt, ist ein von leisen Tönen getragener Plot, der jegliche übertriebenen oder unechten Gesten links liegen lässt. Warum? Ganz einfach, weil es der Film nicht braucht.

Die Charaktere in Sutters Leben, die warmherzige Aimee, der rätselhafte Vater oder der krude Freund seiner ehemaligen Flamme, bewegen sich absolut authentisch und fernab von irgendwelchen Rollenklischees durch die Handlung. Es ist fast schon so, als hätte Regisseur James Ponsoldt nichts weiter getan, als ein Guckloch in das Leben einiger amerikanischer Teenager zu schneiden.

Kleines Indiz für diese aufrichtige Art der Charakterzeichnung ist auch die Tatsache, dass bei den Filmfiguren auf kosmetische Mittel verzichtet wurde. Akne und Neurodermitis, olé!

Je weiter der Handlung fortgeschritten ist, desto ernster wird auch der Ton. Süßliches Teenagergeturtel verwandelt sich in die harte Realität des Alltags, aus witzig wird ernst, wenn dem Zuschauer beispielsweise Sutters lockere Schlücke aus seinem Flachmann plötzlich immer mehr auffallen.

Und so läuft die Handlung dahin, nicht wild tosend, sondern vergleichsweise ruhig und doch mit stetem Druck. Ein Film ohne scharfe Fingerzeige, ohne urteilende Blicke auf seine Figuren, nur sanfte Gesten, die für sich allein sprechen.

Foto: Filmfest München

No Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons