Kultur, Live

Traurig schön

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dreiviertelblut

Dreiviertelblut
“Lieder vom Unterholz”

(Millaphon)

Es war wohl an der Zeit. Die ersten gemeinsamen Lieder von Sebastian Horn, dem Sänger der Bananafishbones und Gerd Baumann, Produzent, Labeleigner und Organisator aus Leidenschaft, beide beim Musizieren so versiert wie beim Komponieren, gab es zum Färberböck-Fernsehkrimi “Sau Nummer 4” vor drei Jahren. Fix war noch nix, doch man fand am Zusammenspiel ebensoviel Gefallen wie das Publikum an den Stücken und als Regisseur und Rundfunk für den neuen Streifen wieder an der Tür kratzten, musste nicht viel Überzeugungsarbeit geleistet werden – man wollte ja eh. Und diesmal g’scheit. Unter dem Namen Dreiviertelblut machten sich Horn und Baumann für einen eigenständigen Tonträger daran, das auszuloten, was der Heimatdeuter gern die “bayerische Seele” nennt – hier nicht über die Maßen derb, aber dunkel, reichlich melancholisch und, wenn auch selten, durchaus humorvoll.

Mundartmusik ist ja dank der aufopferungsvollen Brutpflege von Trikont, Gutfeeling, Südpol und eben auch den Jungs und Mädels aus der Milla schon geraume Zeit mächtig angesagt, groß einhören muss man sich also nicht mehr. Der Reiz der vorliegenden fünfzehn Stücke liegt vornehmlich in der traurigen Schönheit, fast alles klingt verhangen bis finster – der Suff, die Einsamkeit, der Tod, kaum Rettung in Sicht, die Seele gepeinigt und selbst die kleinsten Freuden wirken am Ende schal und vergiftet (“Wann I dann”). Wenn Horn in “Heiglkopf”an das schwärzeste (und in diesem Falle tiefbraune) Kapitel der jüngeren Geschichte erinnert, kriecht einem der kalte Schauder den Nacken aufwärts, nicht anders ergeht es dem Hörer bei der Moritat von der schönen und blasshäutigen Zigeunerin “Falak”.

Die Instrumentierung bleibt zurückhaltend und klassisch, Tenorhorn, Trompete, Klavier und Gitarre, das Schlagwerk macht sich nur dann bemerkbar, wenn es mit der Stimmung mal kurzzeitig bergauf geht (“1,2,3…”, “Hollerkiacherl”, “Gemma Hoam”) oder ein wilder Tanz mit dem Teufel ansteht (“Deifedanz”). Nicht das Falscheste, denn auch wenn Baumann u.a. mit “Wer früher stirbt,…”, “Räuber Kneißl” und “Sommer in Orange” schon drei Rosenmüller-Schwergewichten erfolgreich das Tanzen beigebracht hat, Dreiviertelblut stehen Reduktion und Bedachtsamkeit gut zu Gesicht. Und auch wenn man den Begriff der Folklore hierzulande – anders als im diesbezüglich deutlich entspannteren Amerika – eher noch mit spitzen Fingern anfasst und zumeist als volkstümelnde Verballhornung überzeichneter Tradition missversteht: Wenn alternative Brauchtumspflege so klingt, möchte man gern mehr davon.

Mit etwas Glück: Wer sich beeilt, bekommt für eine Mail an info@mapambulo.de mit Name und Adresse kurz nach dem VÖ-Tag (11.10.2013) ein kostenloses Exemplar der CD zugeschickt.

Hörproben vom Album bei Millaphon.

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