tagebook von Selbstdarstellungssucht.de

Voices of Syria

Letzte Artikel von Veronika Draexler (Alle anzeigen)

552031_452763464768785_839590700_n

Für die Vorführung von “Outlook: Voices of Syria” am 04.11.2013 von Christiane Mudra werden wir zum Hintereingang des i.camps geführt. Als ich in den abgedunkelten Raum eintrete, bekomme ich ein Stück Fladenbrot in die Hand gedrückt. Von der Decke hängen mit Sand gefüllte, schwarze Müllsäcke.

Gerade so zugeknotet, dass sie ein wenig aussehen wie Raketen. Raketen aus denen still und langsam der Sand auf den Boden rieselt, wie bei einer Zahnputzuhr.

Durch diese Zeitbomben-Landschaft suche ich mir einen Weg zu den Sitzplätzen und nehme gleich ganz vorne Platz. Anspannung liegt im Raum. Bevor es losgeht, denke ich darüber nach, ob ich von diesem Stück überhaupt irgendetwas verstehen werde. So sehr der Syrienkonflikt die letzten zwei Jahre durch die Medien gegangen ist – wenn ich ehrlich bin, habe ich die politischen Zusammenhänge dort und vorallem in Bezug auf Deutschland nie so richtig durchblickt, mich zu wenig damit auseinandergesetzt.

Auf das Schlagwort Syrien bin ich nur aufmerksam geworden, weil ich für die SZ ein Porträt der Filmemacherin Anne Kodura geschrieben habe, die mit syrischen und libanesischen Flüchtlingskinder den Dokumentarfilm “Ödland – Damit keiner das so mitbemerkt” gedreht hat. Das Gespräch mit ihr macht mich nachdenklich und als ich im Newletter des i.camps über “Outlook” lese merke ich, dass ich gerne mehr von Land und Leuten erfahren würde.

Daraufhin sitze ich also hier und finde mich nach wenigen Minuten in einem Monolog Bashar al-Assads, der sich für seine Entscheidungen rechtfertigt. Dann folgt eine Art Pressekonferenz. Blaue Karteikärtchen mit Fragen an Assad werden im Publikum verteilt, ich bekomme die Nummer Vier: “Westliche Nachrichtendienste haben Funksprüche abgefangen, in denen Ihre Offiziere die Führung drängen, endlich Giftgas einzusetzen.” Ich lese vor und bekomme eine ausweichende, unbefriedigende Antwort und ich schlucke ein Stück Fladenbrot.

Die darauf folgenden Szenen wechseln von lauten Warnsirenen, zu wilden Polit-Graffiti-Performances mit weißer Kreide an die schwarzen Wände des i.camps, zu sehr persönlichen Erzählungen der Schauspieler aus dem Alltag in Syrien. Die Stimmen sind anklagend, verzweifelt und eindringlich. Outlook erzählt persönliche Geschichten von Familien, die sich im Keller vor einschlagenden Bomben schützen wollten und sich dadurch dem nach unten sinkenden Giftgas auslieferten oder von Demonstranten deren Hoffnungen ins falsche System gnadenlose Folter zur Konsequenz hatte. Auch die Deutsche Regierung wir zur Rede gestellt: “Warum habt ihr den Export von Flourwasserstoff nach Syrien zugelassen? Habt ihr wirklich glauben können, die Chemikalie sei zur zivilen Herstellung von Zahnpasta verwendet worden?” Es ist kein objektiver Ton und kein objektives Stück – aber diesen Anspruch hat es auch nicht.

Outlook gibt eine sehr persönliche und emotionale Zwischenbilanz zur Lage Syriens und ist die Fortsetzung von Insight Syria – einem Stück, dass eine Zusammenfassung der Syrien-Reise von Regisseurin Christina Mudra ist und letztes Jahr aufgeführt wurde.

______________________

Weiterführende Artikel zum Thema gibt es auf der Facebookseite zu Outlook: Voices of Syria

Eine Übersicht zu den nächsten Veranstaltungen im i.camp Theater gibt es hier.

No Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons