Kinogucken

Lieber Schwarzweiß als Grau

Thomas Empl

Da wird der spanische Regisseur Pablo Berger schön blöd geschaut haben. Seit 2005 arbeitete er an seinem Schwarzweiß-Stummfilm “Blancanieves“ … und wurde dann brutal von den Franzosen und deren „The Artist“ überholt. Jetzt, fast zwei Jahre später, nachdem die sämtliche Lorbeeren und Preise abgegrast haben, ist das Format seines Films nicht mehr die sensastionelle Retro-“Neuheit“, die es hätte sein können. Der Qualität seiner spanischen Schneewittchen-Interpretation tut das allerdings keinen Abbruch.

Stierkampf-Schneewittchen

Nicht nur optisch huldigt man den goldenen 20er-Jahren. Auch die Handlung seines schwarzweißen Märchens verlegt Berger in diese Zeit. Und nach Spanien, nach Sevilla um genau zu sein. Berger hat viele schöne Ideen, Schneewittchens Vater ist Stierkämpfer, statt des Spiegleins an der Wand erzählen Fashion-Magazine, wer die schönste im ganzen Land ist. Ansonsten ist es meist Schneewittchen, so wie man die Geschichte kennt: Böse Stiefmutter, 7 Zwerge, vergifteter Apfel… alles da.

Anders als The Artist geht „Blancanieves“ nicht so spielerisch und parodistisch mit seinem Format um; ist kein Film über die alten Zeiten, sondern wie in den alten Zeiten. Dass außer der durchgehenden Musikuntermalung nichts zu hören und alles „nur“ in Schwarzweiß zu sehen ist, gerät bald in Vergessenheit. Auch dem tollen Schauspielensemble macht seine Sprachlosigkeit nichts aus, besonders Maribel Verdú („Pan’s Labyrinth“) als herrlich böse Stiefmutter brilliert in jeder ihrer Szenen.

Am besten funktioniert „Blancanieves“ wohl als klassischer Familienfilm. Es ist erfrischend, dass er auch sein junges Publikum ernst nimmt – so wie Grimms Märchen eben auch mal gruselig und dadurch umso spannender sein können. Es gibt kein heute übliches weichgespültes Happy End für die Kinder. Und noch dazu ein paar Anspielungen für erwachsene Zuschauer.

Beiden dürften allerdings auch ein paar Längen auffallen. Trotz aller Ideen und aller schwarzweißer Pracht, gibt es manchmal einfach nicht genug Geschichte, um die 104 Minuten zu füllen. Nichtsdestotrotz lohnt es sich, der grauen November-Tristesse für einen Ausflug in andere, alte Zeiten zu entfliehen. Lieber Schwarzweiß als Grau.

Stiefmutter

(“Blancanieves – Ein Märchen in Schwarz und Weiß” startet am Donnerstag, den 28. November, in unseren Kinos. Im ABC gibt es sogar schon am Mittwochabend eine Preview-Vorstellung.)

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