Kinogucken

King Midas’ Idiot Brother

Thomas Empl

Es gibt wohl niemanden sonst auf der Welt, der mit solch einer Selbstverständlichkeit Meisterwerke im Maschinengewehrrythmus abliefert wie die Coen-Brüder. No Country for Old Men. A Serious Man. True Grit. In drei Jahren. Was passiert, wenn sich die beiden sogar mal vergleichsweise viel Zeit lassen? Na klar, noch ein Wahnsinnsfilm.

Llewyn-mit-Katze

Diesmal also in Form eines Musikfilms. Angesiedelt am Anfang der 60er, kurz vor Dylan: Inside Llewyn Davis folgt einem fast noch jungen, erfolglosen Folkmusiker namens, genau, Llewyn Davis (Oscar Isaac aus Drive). Aber: Llewyn ist nicht der typische melancholische Loser-Musiker, für den man Sympathie und mit dem man Mitleid hat und auf dessen Durchbruch man hofft. Manchmal meint Llewyn es gut und kommt trotzdem wie ein Arschloch rüber. Manchmal ist er auch einfach nur ein Arschloch.

Llewyn hat kein Zuhause, er schläft jeden Tag auf einer anderen Couch, ohne Geld und Wintermantel. Seine Ex (Carey Mulligan, auch aus Drive) ist schwanger und beschimpft ihn unentwegt. „You’re King Midas’ idiot brother! Everything you touch turns to shit!“ ist da noch eine der harmloseren Beleidigungen, die sie ihm an den Kopf wirft. Llewyn ist kein besonders sensibler Typ, er sagt oftmals Sachen, ohne darüber nachzudenken. Seine Ehrlichkeit ist keine Tugend, die beliebt macht. Er verletzt die, die es gut mit ihm meinen. Irgendwie hat er die Beschimpfungen verdient.

llewyn mit justin

Also schicken ihn die Coens, so wie sie das gerne tun, auf eine Odyssee. Durchs wundervoll auf Film eingefangene New York der 60er und darüber hinaus. Inside Llewyn Davis ist wie schon „True Grit“ relativ straight-forward (sogar der Schluss ist für Coen-Verhältnisse ziemlich rund und hirnfickfrei); und doch gefüllt mit typisch bitterbösem Humor. Voller grandioser live eingespielter Musik, bei deren Entstehung Marcus Mumford und T-Bone Burnett mitwirkten. Und bevölkert von Figuren (u.a. gespielt von Justin Timberlake und Coen-Stammmann John Goodman), die sich nur die beiden ausdenken können.

Die spannendste von ihnen ist dieser Titelheld. Wenn Oscar Isaac singt und dabei Gitarre spielt, zieht er einen vollends in seinen Bann. Ein ehrlicher Künstler, der sich nicht verbiegen will. Für bessere Verkaufszahlen schlägt ihm ein Plattenboss vor, von nun an in einem Trio aufzutreten. Macht er nicht. Auch wenn er extra nach Chicago gefahren ist, um vorzuspielen. Dann lieber er selbst sein. Obwohl das offensichtlich nicht funktioniert. King Midas’ Idiot Brother, ein Arsch, sein. Und scheitern.

llewyn

(Kinostart ist der 5. Dezember. Die Leopold Kinos zeigen schon am Mittwoch eine Preview um 21:45.)

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