Nach(t)kritik

Oben ohne im Lichtertanz: Biffy Clyro im Zenith

Birgit Buchart

Foto: Johannes Kogler

Wenn die Lichter endlich ausgehen und die wahllose Unterhaltungsmusik aussetzt. Wenn wirres Durcheinandergelaber zum großen jubelnden Chor wird. Wenn die unüberschaubare kahle Halle plötzlich zur stimmungsvollen Konzertgemeinschaft wird, weiß jeder einzelne, dass das Warten endlich ein Ende hat. In diesem kurzen Moment, bevor die Band auf die Bühne kommt, steigt im Publikum Konzert-Feeling hoch und man spürt die gemeinsame Freude und Motivation auf Unterhaltung und Musik. In diesem Moment gleichen sich Konzerte aller Art fast ausnahmslos. Die Freude und Spannung liegt in diesem Moment auf höchstem Level, das Publikum ist mehr als positiv gestimmt. Von da an, liegt es in den Händen der Musiker, ob sie diese Stimmung bis zum letzten Song aufrecht erhalten können, eine harte Aufgabe, der nicht jede Band so gerecht wird, wie Biffy Clyro am vergangenen Donnerstag.

Am 5. Dezember war dieser Moment im Zenith nicht anders. Nach den Vorbands Arcane Root und Walking Papers, die vergeblich versuchten dem Publikum einzuheizen, reichte Dunkelheit und „We Are Family“ (warum auch immer) als Intro, um die Stimmung auf Hochtouren zu bringen. Alle wussten, Biffy Clyro muss jeden Moment auf der Bühne stehen. Dann endlich, fiel der Spot auf den weißen Vorhang, Frontman Simon Neil stimmt den Song „Different People“ ein und das ebenso durchmischte Publikum wird zu einem großen gefühlvollen Chor. Mit dem Einsatz von Bass und Schlagzeug und Neils Faust in der Luft fällt bei der Hälfte des Songs der Vorhang. Einem energiegeladenen Abend steht nichts mehr im Weg. Fast nichts. Schade nur, dass die Band so gigantisch gute Musik auf der Bühne produziert, die nur halb so stark beim Publikum ankommt. Aus dem verzerrten und übersteuerten Sound, muss man auch als Kenner der Songs zweimal hinhören, um alle Elemente zu filtern. Zwar ist dem Publikum das Problem offensichtlich „zu Ohren gekommen“, scheint es aber mit Humor zu nehmen: „Geh ruhig auf die Toilette, da drinnen klingt’s nicht anders“, hört man sich lachend zubrüllen. Biffy Clyro lassen sich davon nichts anmerken. Sie rocken gekonnt und schweißgebadet von Anfang bis Ende und liefern eine dynamische Performance, die einen über das akustische Problem hinwegsehen lässt. Wie man es von den drei Schotten kennt, performen sie oben ohne – Simon Neil lässt trotzdem keine zu tiefen Einblicke zu. Der Frauenschwarm der Band, versteckt sich hinter seinem wuchernden Vollbart und einer langen Haarpracht.

Nach den Reaktionen aus dem Publikum zu urteilen, stört das aber niemanden. Auf die nackten Oberkörper von Simon und den Zwillingen Ben und James kracht eine stimmungsvolle Lichtershow, die dem ständigen Wechselspiel von gefühlvollen Balladen- und harten Rockparts das gewisse Etwas verleiht. Biffy Clyro bringen durchgehend Bewegung auf der Bühne und reflektierten sie – zumindest in die vordersten Reihen. Das anfängliche spannungsgeladene Gefühl scheint sich im Publikum bis zum Ende zu halten und das Trio beweist, dass sie nicht nur im Studio 100% geben, sondern auch auf der Bühne an ihre Grenzen gehen. Da kann man auch als professioneller Gitarrist bei all dem Gehüpfe schon einmal vom Verstärker fallen.

Foto: Johannes Kogler

Foto: Johannes Kogler

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