Kultur, Nach(t)kritik

WANNDAs wunderbare Zirkuswelt

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Bei stahlgrauem Berliner-Ostkreuz-Himmel steigen wir in Fröttmaning aus, um in eine farbenfrohe Alice-im-Wunderland-Welt einzutauchen. Da wir leider nicht verkleidet sind, lassen wir uns im Schminkzelt erstmal gratis ein wenig Farbe ins Gesicht malen (ein Clownsauge – wenn schon Schminken, dann bitte doch etwas halbswegs Männliches). Nachdem die ersten Selfies geschossen sind, sind wir von dem Ergebnis begeistert und schmeißen gerne etwas Trinkgeld in das aufgestellte Sparschwein.

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So gerüstet, inspizieren wir noch ein wenig das an eine Wagenburg erinnernde Gelände, das bei schönerem Wetter mit seinen zahlreichen Liege- und Sitzgelegenheiten sicher noch besser genutzt gewesen wäre, sich nun aber alles doch eher auf das riesengroße Zirkuszelt konzentriert. Uns treibt der wohlklingende Sound nun auch schön langsam in die Manege. Noch etwas scheu in der Welt der Artisten und Akrobaten gehen wir erstmal an die Bar und freuen uns über Gin Tonic für 5 Euro. Neben dem Preis aber vor allem auch darüber, dass die Strohhalme echte Strohhalme sind.

Bei so viel Sinn für Authentizität können wir verkraften, dass wir selbst keinen „kleinen Busch, eine Blume oder einen Kräuterstrauch“ mitgebracht haben, um unsere CO₂-Bilanz (U-Bahn!) auszugleichen. Bei der Verkündung des Veranstaltungsorts 2 Tage zuvor, wurde nämlich angeraten, mit dem Fahrrad durch den Englischen Garten hinzuradln und mitgebrachtes Buschwerk ins Hochbeet zu pflanzen. Auf Ökologie wurde bei der Veranstaltung großen Wert gelegt, so werden alle entstehenden Umweltschäden die durch den Strom und die Flüge der DJ’s entstanden sind, durch Aufforstung komplett ausgeglichen. Sogar das Konfetti war kompostierbar, da es aus Reisstärke hergestellt ist. Ganz nach dem Motto „WANNDA liebt Mutter Erde!“

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Nachdem der Gin Tonic und die neben der Bar aufgestellte Heizstrahler angenehm wärmten, begeben wir uns auch auf die Tanze in der Manege, genießen die tolle Atmosphäre und die mit viel Hingabe gestaltete Deko (besonders toll wirkt hier der große Kronleuchter!). Auf einem Zirkuspodest geben ab und an Jongleure ihr Talent zum Besten und schließlich schwingt sich sogar noch eine Akrobatin mit einem Vertikaltuch von der Decke und schwebt wie in einem echten Zirkus in der Manege umher. Natürlich vermag auch die Musik zu überzeugen. Der Sound von Dirty Döring, Rich vom Dorf und the Joy Boys treibt an und man freut sich auch hier über verspielte Momente, wenn etwa Salt-n-Pepa reingemixt wird. Vorteilhaft sind hier die großen Hochtöner über den Bassboxen. Hierdurch kommen auch melodischere Stücke gut zur Geltung, was super zu den verspielteren Teilen der Sets passt.

Als Höhepunkt des Abends marschieren nun Stelzengeher durch die Manege und animieren die Menge, bis der Schweiß von der Zirkuszeltdecke tropft! Dies wird auch von den Veranstaltern im Nachhinein auf der Facebook-Seite als Qualitätssiegel erwähnt. Sie freuen sich darüber, da es bisher offenbar noch nie so ekstatisch war (vielleicht lag es aber auch daran, dass bei früheren Veranstaltungen das Wetter besser war und daher die Luft im Zelt besser zirkulieren konnte).

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Als Fazit lässt sich sagen, dass die Zirkusatmosphäre ideal zu Electro passt und man sich fragt, wieso man nicht schon viel früher auf solche Veranstaltungen gehen konnte. Ein Zirkuszelt ist wirklich der ideale Ort für so eine Veranstaltung! Eine ideale Kombination aus der ehemaligen Berliner Bar 25 und Ibiza. Perfekt! Vielen Dank an die Veranstalter! Sich vom ersten eigenen Geld ein Zirkuszelt statt einem Auto zu kaufen, war sicher eine gute Investition und wir hoffen, noch viele rauschende Feste in dem schönen Zelt verbringen zu können! Wäre natürlich toll, wenn die Stadt den Veranstaltern wieder einen innenstadtnäheren Platz zur Verfügung stellen könnte. Letztes Jahr gab es nämlich schon einige Feste in dem Zirkuszelt am Leonrodplatz, was natürlich eher dazu führte das Feuerspucker, Pantomimen oder Einradfahrer spontan vorbeischauten. Derart hochkarätige Subkultur in München ist selten und sollte gefördert werden!

Fotos: Nicolle Döring
Text: Andreas Pracht (twitter.com/munich140)

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