Kultur, Nach(t)kritik

Ein geheimer Gig an einem geheimnisvollen Ort

Isabelle Karlsson
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Ein verregneter Donnerstagabend in einem etwas verlassenen Hinterhof. Zwei Männer, die einen Pavillon vor einem unscheinbaren Eingang aufbauen. Wir stehen vor dem Kesselhaus, einer Location des Mixed Munich Art Projektes (MMA) in der Katharina-von-Bora-Straße und wollen vor allem nicht mehr im Regen stehen. „Ja, so um 9, halb 10 ist dann Einlass“ ist die Aussage von einem der Männer. Das Warten hat sich allerdings gelohnt, wie sich rausstellt, als wir um halb 10 über eine Treppe hinunter in die ehemalige Industriehalle steigen. Plötzlich findet man sich im Wohnzimmer wieder, Teppiche auf dem Boden, Stehlampen und Sofas. Der Auftakt ihrer Kooperation mit MMA ist dem Team von Hauskonzerte bezüglich des Wohlfühlfaktors gut gelungen.

Man macht es sich also auf dem (Teppich-)Boden mit einem Kissen gemütlich um der Vorband, Cisnes, zu lauschen. Mit ihrem abwechslungsreichen Synthesizer-Sound, den sie selbst als Eclectic Pop bezeichnen und zwei beindruckenden Stimmen, die optisch Jungs, akustisch Männern gehören, ziehen sie das Publikum in ihren Bann. Die Tatsache, dass man sich in einem Wohnzimmer glaubt, die Decke aber 20 Meter und in rotes Licht getaucht über einem hängt, lassen die Stimmung beinahe surreal wirken. Kaum verwunderlich, dass man denkt: „das ging jetzt aber schnell“, als Cisnes sich für den Applaus bedanken und Platz machen für den Star des Abends, George Ezra.

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Die Stehlampen und die rote Beleuchtung sind inzwischen vier Glühbirnen gewichen, die einen Kreis der Erleuchtung bilden, in den nun ein etwas schüchterner, sympathischer blonder Kerl in Hemd und Pulli tritt. Eine ungewöhnlich aussehende Akustikgitarre vor sich tritt er ans Mikrofon. Bereits sein „hello“ lässt keine Zweifel offen: seine Stimme ist grandios. Er legt los und sein kraftvoller Sound füllt die alte, fast dunkle Fabrikhalle bis in die letzte Ecke. Das Publikum ist sprachlos, bis er mit einem grinsenden „thank you“ einen rauschenden Applaus empfängt, der ihn selbst etwas zu überraschen scheint. Er spielt seine Songs mit unbeschwerter Leidenschaft, denn, wie er selbst sagt, „they are made for sharing“. Das merkt man aber auch. So ein authentischer Kerl meint, was er sagt. Kein Wunder also, dass bei Cassy O‘, Angry Hill und natürlich Budapest die Zeit in der Parallelwelt Kesselhaus wie im Flug vergeht. Eine Frage geistert währenddessen in meinem Kopf herum: wie konnte ich jemals ohne George Ezras Musik leben? In diesem Sinne, tausend Dank for sharing your passion!

George Ezra ist mit seinen 20 Jahren (*6. Juni 1993) ein sehr vielversprechender Newcomer aus England. Mit seiner unglaublich kraftvollen, rauen, Blues-Stimme und akustischer Gitarrenmusik generiert er warmen, anspruchsvollen Folk. Mit dem Song Budapest aus seiner ersten EP Did You Hear the Rain? schaffte es George mit 19 Jahren in die Top 75 der britischen Charts, in Österreich sogar in die Top 10. Aktuell tourt er durch Europa, am 18. November wird er wieder in München zu sehen und hören sein. Auf jeden Fall einen Besuch wert!

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