Kultur, Live

“Innere Ruhe statt wütende Faust”.

Thomas Steierer

Ehre, wem Ehre gebührt. Sie ist Hauptpreisträgerin beim Bayerischen Kabarettpreis 2014: Luise Kinseher, ihres Zeichens charmant-hinterfotzige Mama Bavaria, resolute Polizeichefin in der Serie “München 7” und nicht zuletzt Spitzenfrau in Sachen Typenkabarett. Am 7.Juli wird der Bayerische Kabarettpreis in Aschaffenburg verliehen. Im Interview spricht die niederbayerische Wahlmünchnerin über schwierige Anfänge, ihren Laudator Frank-Markus Barwasser (“Pelzig“) sowie ihr neues Bühnenprogramm “Ruhe bewahren” (Premiere am 14.10. in der Lach-und Schieß-Gesellschaft).

Foto: Anja Wechsler

Foto: Anja Wechsler

Was bedeutet Ihnen der Bayerische Kabarettpreis 2014?

Das ist eine sehr schöne Auszeichnung, die mich absolut freut! Es ist einfach schön, Anerkennung für das zu bekommen, was man tut.

Passauer Scharfrichterbeil und Ernst-Hoferichter-Preis der LH München etwa: Der bayerische Kabarettpreis ist freilich nicht Ihr erste Auszeichnung. Inwieweit helfen Preise?

Das Scharfrichterbeil hat mir definitiv sehr viel gebracht. Ich war, als ich es 1999 gewann, absolut unbekannt. Der Preis brachte mir die nötige Aufmerksamkeit, um überhaupt an Auftrittsmöglichkeiten zu kommen. Das war damals sehr wichtig für mich.

Was verbindet Sie mit Ihrem Laudator Frank-Markus Barwasser?

Ich habe ihn immer zutiefst bewundert. Er ist ein genauer Denker und Beobachter, ein Meister der Pointe und ein unnachgiebiger Kämpfer für die Gerechtigkeit. Seit bald 15 Jahren sind wir sehr eng verbunden. Er war und ist mir als Mensch und Kollege immer Ansporn, Kritiker und Freund.

Was war und ist Ihre Motivation für Kabarett (gab es da eine Veränderung im Laufe der Zeit)?

Ich denke schon. Anfangs überwiegte der Wunsch, auf die Bühne zu wollen, dann kam das dringende Bedürfnis dazu, sich selbst zu verwirklichen und eigene Geschichten zu erzählen. Heute überwiegt für mich die Freude, die ich anderen geben kann.

Ihre Magisterarbeit im Rahmen Ihres Studiums der Germanistik, Theaterwissenschaften und Geschichte haben Sie verfasst über Sigi Zimmerschied. Gab und gibt es Vorbilder im Kabarett?

Sigi Zimmerschied war immer ein Vorbild für mich. Seine Präzision der Sprache, seine unglaubliche Bühnenpräsenz, seine Lieb zum Beruf. Aber es ist auch ein wichtiger Schritt, sich von seinen Vorbildern zu befreien und den eigenen Weg zu suchen.
6. Was wollen Sie auf der Bühne ausdrücken, lässt sich in Kürze ein roter Faden in Ihren fünf bisherigen Soloprogrammen benennen?
Ich habe mich in allen Programmen mit übergeordneten philosophischen Themen beschäftigt, wie Tod, Heimat, Glück, Freiheit oder Reichtum und versucht, diese auch kabarettistisch irgendwie greifbar zu machen. Als nächstes folgt das Thema „Zeit“ in meinem neuen Solo „Ruhe bewahren“, das im Herbst 2014 Premiere haben wird.
7. Zu Ihrem Werdegang, in Kürze: Was waren Meilensteine in der Karriere, wann gab es die Gewissheit: Das ist mein Weg?
Rückblickend wirkt alles, was ich in meinem Leben gemacht habe, als ein wichtiger Mosaikstein in meiner Entwicklung als Kabarettistin. Mein Job als Kellnerin in der Studentenzeit, meine vielen Jahre an der Iberl-Bühne, meine Zeit als Pressesprecherin im Theater im Schlachthof. Alles half mir, das zu tun, was ich heute mache. Auch wenn ich es damals noch nicht wusste: Kabarett war immer schon mein Leben.

Gab es auch Gegenwind, Zweifel am eingeschlagenen Weg?

Ich würde mal sagen, die ersten fünf bis acht Jahre hatte ich nur Zweifel und Ängste. Mein erstes Programm hab ich nur unter Tränen geschrieben, oft habe ich in den Vorstellungen in der Pause geweint und mich gefragt, warum ich mir das antue.

Angesichts teilweise auch weniger euphorischer Kritikerstimmen zu Ihren beiden Nockherberg-Auftritten als Bavaria. Zwischen Jubelpreisung und Verriss: Von welcher Seite ist Feedback wichtig und entscheidend für Sie, von welcher Seite evtl. weniger?

Der Nockherberg ist eine absolute Ausnahmesituation. Es gibt so viele unterschiedliche Erwartungen und Vorstellungen von dem, was der Nockherberg leisten soll und kann. Ich habe von Anfang an erkannt, dass ich der Aufgabe nur gewachsen sein kann, wenn ich einzig und allein auf meine innere Stimme höre.

Typenkabarett bei den Soloprogrammen versus Politisches Kabarett bei der Fastenpredigt auf dem Nockherberg: Was schätzen Sie an Ihrer Rolle als Mama Bavaria?

Der Bavaria ist es gelungen, von den meisten Menschen geliebt oder zumindest akzeptiert zu werden. Als ich den Nockherberg zu ersten Mal machte, bekam ich schon im Vorfeld viele Beschimpfungen und sehr böse Mails, die extrem unkultiviert und vor allem äußerst frauenfeindlich waren. Aber mit der Figur ist es gelungen, diese Stimmen weitgehend verstummen zu lassen und zu zeigen, dass man auch als Frau am Nockherberg einen Platz finden kann. Das schätze ich sehr an der Bavaria!

Wie lässt sich Ihr München-7-Fernsehserienengagement als Polizeichefin Thekla Eichenseer im Gesamtschaffen einordnen?

Es macht Spaß, ab und an etwas ganz anderes zu machen. Das gibt neue Impulse und bereichert den Erfahrungsschatz.

Ruhe bewahren heißt Ihr neues Programm ab Herbst 2014. Lässt sich bereits etwas verraten zu Aufbau und Inhalt?

Das Programm beschäftigt sich mit der Frage, warum wir durchs Leben hetzen und die wirklich wichtigen Dinge auf Morgen verschieben. Doch was ist wichtig? Wie finde ich es heraus? Welche Bedeutung hat dabei der Faktor Zeit? Wie schaffen Sie es persönlich, Ruhe zu bewahren, wann fällt es Ihnen schwer (im Kleinen wie Großen)? Ich denke, wer es in seinem Leben geschafft hat zu einer tiefen inneren Ruhe zu gelangen, ist nicht mehr weit weg von der Erleuchtung. Aber ganz im Ernst: Gelassenheit gehört zu meinen absoluten Lebenszielen! Das hört sich erst mal wie ein Widerspruch an, weil für viele Kabarettisten würde Gelassenheit das Ende jeder Kreativität bedeuten.Als Kabarettist muss man sich schließlich immer über alles mögliche aufregen, die Faust heben und wütend sein. Das mag sein. Ich aber nicht.

Ausblick, jenseits Bayerischem Kabarettpreis und neuem Programm ab Herbst: Gibt es weitere Ziele beruflich, gesellschaftlich und privat?

Gelassenheit als Lebensziel hab ich ja schon genannt! Ich möchte Zeit haben, um aus der Ruhe heraus, die Dinge tun zu können, die ich für notwendig erachte. Das kann das Schreiben eines Buches sein, eine Rolle beim Film oder Fernsehen, ein neues Kabarettprogramm oder einfach Nichts.

Luise Kinseher, “Ruhe bewahren”.  14. Oktober (Premiere) bis 18. Oktober in der Lach-und Schieß-Gesellschaft, 20 Uhr. Karten für 22/ Studenten 14 Euro.

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