Kultur, Nach(t)kritik

Satz mit X — ABSOLUT blamiert sich mit Kunstausstellung

Jan Rauschning-Vits
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Kreativität und die Kunst, die aus ihr entsteht, prägt jede Kultur.

Sie kann den Anstoß für neue Ideen geben und Menschen zueinander bringen. Kunst ist wichtig – aber auch immer brotlos. Denn materielle Werte werden hier eigentlich nicht geschaffen. Die bemalte Leinwand ist genau das wert, was mir jemand für das bisschen Holz, auf das sie gespannt ist, zahlt. Jede Wertsteigerung generiert sich aus dem Wert, den die Gesellschaft oder der Käufer dem Objekt zuschreibt.

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So ist die Kunst, aber vor allem die Künstler, immer auf die Gunst von Sponsoren angewiesen. Hauptberufliche Künstler müssen also Menschen für ihre Kunst begeistern, um sich ernähren zu können.

Es kommt des öfteren vor, dass Unternehmen sich mit dem Understatement und der Kreativität der Kunst schmücken wollen und dafür teils beachtliche Budgets aufstellen. So macht es beispielsweise BMW mit seinen Parties in der BMW Welt. Die hippe junge Szene soll BMW als cool und trendy wahrnehmen. Dafür werden auch gerne mal mehrere Tausend Euro ausgegeben.

Die schwedische Wodka Marke “Absolut” versucht ähnliches. Denn das Produkt ist recht schlicht. Wodka wird aus Kartoffeln oder Getreide gebrannt und schmeckt per Definition nach mehr oder weniger nichts. Naja, außer nach Alkohol natürlich. Bis zur Unkenntlichkeit herunter gekühlt, mischt man ihn mit aromatischen Getränken, um einen alkoholhaltigen Longdrink zu erhalten.

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An Wodka ist also nicht viel dran. Und er dient meistens nur dem Wegdichten von Jugendlichen.

Absolut muss sich also daher was einfallen lassen und versucht den Absolut Wodka Blue Label, wie der berühmte Schnaps mit vollem Namen heißt, als Getränk der Hippen, Schönen und Erfolgreichen zu positionieren.

Neuerdings verfolgt man eine Strategie der regionalen Kunstförderung. Das ist eine klasse Idee:
Die Marke kann sich als Heilsbringer der örtlichen Künstlerszene inszenieren und die Gäste können sich kostenlos zulaufen lassen. Aus dem üppigen Marketingbudget wird dann noch ein semi bekannter DJ gebucht und schon kann es losgehen.

In München fand am vergangenen Samstag eine Party in einer alten Villa in Pullach naher der legendären Waldwirtschaft (“Wawi”) statt.
Freitag wurde bereits zum Pressepreview geladen, bei dem wir Gelegenheit hatten, uns mit den Künstlern, die für Absolut das ganze Haus in ein begehbares Kunstwerk verwandelt hatten, zu unterhalten. Viele sprachen von der “großen Chance” die Absolut ihnen eröffne. Der Ort wurde bis kurz vor der Veranstaltung geheim gehalten.

“Eine Party, deren Location so lange geheim gehalten wird und die gleichsam Musik und Kunst auf die Art vereint, hat es in München noch nicht gegeben.”, prahlte ein Vertreter der Kommunikationsagentur KMB bei dem Presserundgang.

Na klar! München ist völlig kulturlos und Absolut hat das Prinzip Off-Location erfunden.

Doch am Ende war es noch mehr heiße Luft, als die peinliche Aussage des Kommunikationsmenschen vermuten lässt. 400 Gäste hatten Platz in der alten Villa. Sie wurden ab 19 Uhr mit Shuttlebussen aus der Innenstadt abgeholt und zu der Location gefahren.

Hatte man am Freitag noch alles getan, um die Journalisten zu umgarnen (Abholdienst mit Benz Limousinen und Barbecue), lies man am Samstag Dutzende Menschen an den Abholstationen stranden. Es wurden wohl mehr als Tausend Leute zu viel eingeladen. So tummelten sich die enttäuschten Partygänger im Café am Hochhaus, wo sie von Absolutvertretern mit Freidrinks beruhigt wurden.

Die Leute, die mit den Shuttles zurückkamen, berichteten von einer überfüllten Party mit langweiliger Musik.

Das war dann wohl eher nichts. Trotz der Arbeit von zwei Agenturen schaffte man es hier nicht eine gute Party auf die Beine zu stellen und zeigte sich unerfahren bei der Organisation mittel großer Events.

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