tagebook vom Tollwood Weltsalon

“Turmbau zu Babel” – Interview with the performers

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The face-to-face-performance “Turmbau zu Babel” starts today at the Tollwood Weltsalon. In different sequences that take place in the rooms of the Weltsalon, visitors can stop by, watch, or even interact with the performers. Stephanie van Batum, Tom Afman and Thomas Dudkiewicz are the creators of this unusual concept – and the actors in every scene. One day before the premiere, they talk about the development process, their teamwork and possible biblical references.

Die Face-to-Face-Performance “Turmbau zu Babel“ startet heute im Tollwood Weltsalon. In verschiedenen Szenen, die in den Räumen des Weltsalons stattfinden, können die Besucher stehen bleiben, zuschauen oder sogar mit den Performern interagieren. Stephanie van Batum, Tom Afman und Thomas Dudkiewicz haben dieses ungewöhnliche Stück kreiert – und spielen gleichzeitig in jeder Szene selbst. Einen Tag vor der Premiere sprechen sie über den Entwicklungsprozess, ihre Zusammenarbeit und mögliche biblische Referenzen.

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Stephanie van Batum is second-year student at the Otto Falckenberg School in Munich. She met Tom and Thomas eight years ago, when she was studying theatre at the Amsterdam University. “Turmbau zu Babel” is not her first performance, and she always enjoyed playing with words and different languages.

Stephanie van Batum studiert im zweiten Jahr an der Otto Falckenberg Schule in München. Sie traf Tom und Thomas vor acht Jahren als sie noch Theaterwissenschaften an der Universität in Amsterdam studierte. „Turmbau zu Babel“ ist nicht ihre erste Performance, und sie spielt schon immer gerne mit Wörtern und verschiedenen Sprachen.

Tom Afman lives in Amsterdam and has finished his acting studies one and a half years ago. After he did a big production in Holland, his newest project is the performance at the Tollwood Festival. He met Thomas in Maastricht when he was studying performance .

Tom Afman lebt in Amsterdam und hat vor anderthalb Jahren sein Schauspielstudium beendet. Nach einer großen Produktion in Holland ist die Performance auf dem Tollwood Festival sein neuestes Projekt. Er und Thomas trafen sich in Maastricht während seines Performancestudiums.

Thomas Dudkiewicz is a Dutch actor, who studied at the Toneelacademie in Maastricht. He lives in Amsterdam and has his own theatre group called “Urland”.

Thomas Dudkiewicz ist ein holländischer Schauspieler, der an der Toneelacademie in Maastricht studiert hat. Er lebt in Amsterdam und hat seine eigene Theatergruppe namens „Urland“.

Thomas

Stephanie, you live in Munich, Tom and Thomas live in Amsterdam. How were you able to work together, if you are not living in the same city?

Stephanie, du lebst in München, Tom und Thomas in Amsterdam. Wie konntet ihr zusammenarbeiten, obwohl ihr nicht in der gleichen Stadt wohnt?

Stephanie: I contacted both of them via Skype, asked them if they would join me and they agreed. Our summer holiday was long enough for us to start working, so we got together in Amsterdam and worked on the concept for about two weeks. We already produced the video material there, and we decided on what we are going to do in which place, who is going to do what and in what order. So actually, half the work was already done at the end of the summer holidays. When I went back to Munich to pick up my studies again, I got a studio at my school and provided all the costumes and props. As soon as Tom and Thomas arrived, we just started rehearsing. We didn’t take a day off, we started really early and we worked really late to get this done. Everything had to be put in the right form, in the right place, in the right order. As you might see, it’s not that I am a classic director and the other two are my actors. We have written the text together, we have rehearsed together; we looked at each other and directed each other. Today we did it for the first time in its end form. And this works for us, so we will do it like that tomorrow on the premiere.

Stephanie: Ich habe beide über Skype gefragt, ob sie sich mir anschließen möchten und sie haben zugestimmt. Unsere Sommerferien waren lang genug, um mit der Arbeit zu beginnen, also haben wir uns in Amsterdam getroffen und etwa zwei Wochen das Konzept ausgearbeitet. Außerdem haben wir dort schon das Videomaterial produziert, und entschieden was wir wo machen, wer was übernimmt und in welcher Reihenfolge. Also war eigentlich die halbe Arbeit schon am Ende der Sommerferien erledigt. Als ich zurück nach München ging, um mein Studium wieder aufzunehmen, habe ich einen Probenraum in meiner Schule bekommen und alle Kostüme und Requisiten besorgt. Sobald Tom und Thomas da waren, haben wir einfach angefangen zu proben. Man sieht vielleicht, dass ich nicht die klassische Regisseurin bin und die anderen beiden meine Schauspieler. Wir haben den Text zusammen geschrieben, wir haben zusammen geprobt, wir haben uns gegenseitig zugesehen und uns auch gegenseitig gelenkt. Heute haben wir das Ganze zum ersten Mal in der finalen Version geprobt. Und das funktioniert für uns – also werden wir es morgen bei der Premiere so machen.

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This brings us to the performance itself. There is a picture of you, in which you are dressed as priests or church dignitaries. On top of that, the title “Turmbau zu Babel” (The Tower of Babel) is also the name of an ancient Christian text. Is there a link between your performance and this biblical story?

Was uns zur Performance selbst bringt. Es gibt ein Bild von euch, auf dem ihr wie Priester gekleidet seid. Außerdem ist der Titel eurer Performance, „Turmbau zu Babel“, auch der Name eines christlichen Textes. Gibt es eine Verbindung zwischen eurer Performance und dieser biblischen Geschichte?

Tom: We had all these ideas at first about all the different things we wanted to do, and the idea for the priests was realised in the little chapel at the Weltsalon. Actually it’s a video. We had the idea, that we should dress as priests and just tell the people in the chapel on a little TV, how you can construct an IKEA shelf. When we thought of the overall theme, we had to ask ourselves what we wanted to say, what the performance is about. And we came to the conclusion, that language is a big topic. My German is not very good, but Thomas’ English is very good, he can do a lot of accents and stuff. And Stephanie can speak a bit German as well. But most of our performances are understandable, even if you don’t know the words. They are very visual.

Tom: Am Anfang hatten wir so viele verschiedene Ideen, was wir alles machen wollten, und die Idee mit den Priestern wurde dann in der kleinen Kapelle des Weltsalons umgesetzt. Es ist ein Video. Wir hatten die Idee, dass wir uns als Priester verkleiden und den Leuten in der Kapelle auf einem kleinen Fernseher erzählen, wie man ein IKEA Regal aufbaut. Als wir über das gesamte Thema nachdachten, haben wir uns gefragt, , worum es in der Performance geht, was sie aussagen soll. Und wir haben festgestellt, dass Sprache ein großes Thema ist. Mein Deutsch ist nicht sehr gut, aber Thomas spricht sehr gutes Englisch, er kann viele verschiedene Akzente nachmachen. Und Stephanie kann ein wenig Deutsch sprechen. Die meisten unserer Szenen sind aber auch verständlich, wenn man die Sprache nicht kennt. Sie sind sehr visuell.

Stephanie: And all that springs from this one video that we made with the three priests: I speak in German, Tom speaks in Dutch and Thomas speaks in English. And we tell the story of the creation of the world. But we’ve been dubbed, so there is a voice-over that is louder, which is telling you how to build this IKEA shelf. We dubbed each other in different languages, and these sound tracks are overlapping. There are even subtitles in Japanese, which were done by Thomas. So you ask yourself: “Which language should I follow? I don’t get it at all!” But if you have watched all three videos – they are played one after the other – you realize: “Ah, so that’s what you are doing!” And that’s why it’s called “Turmbau zu Babel”. You have to choose: What do you want to listen to? Do you only want to hear what you can understand? It parallels with a translator or a medium.

Stephanie: Und das entspringt alles diesem einen Video mit den drei Priestern: Ich spreche Deutsch, Tom spricht Holländisch und Thomas Englisch. Wir erzählen die Geschichte der Entstehung der Welt. Aber wir wurden synchronisiert, es gibt also eine Off-Stimme, die lauter ist und erzählt, wie man dieses IKEA Regal aufbaut. Wir haben uns gegenseitig in verschiedenen Sprachen synchronisiert, und diese Tonspuren überlappen sich. Es gibt sogar Untertitel in Japanisch, die Thomas gemacht hat. Also fragt man sich: „Welcher Sprache soll ich denn nun zuhören? Ich verstehe überhaupt nichts!“ Aber wenn man alle drei Videos ansieht, die nacheinander abgespielt werden, versteht man: „Aha, so habt ihr das also gemacht!“ Und deswegen heißt es „Turmbau zu Babel“. Man muss sich entscheiden: Was will man sich anhören? Will man nur das hören, was man auch verstehen kann? Es ist ähnlich wie bei einem Übersetzer oder einem Medium.

Tom: It’s the power of misunderstandings. If you don’t understand something because you are German, and you don’t speak English, then you just listen to the German voice-over, which tells you to build a shelf from IKEA, when actually the priest tells you a biblical text. So if you don’t get it due to language issues, you don’t get the message that’s intended.

Tom: Es geht um die Kraft, die Missverständnisse haben können. Wenn man etwas nicht versteht, weil man deutsch ist und kein Englisch spricht, dann hört man nur die deutsche Übersetzung, die einem erzählt, wie man ein IKEA Regal aufbaut, obwohl der Priester ja eigentlich die Entstehungsgeschichte der Welt erzählt. Wenn man es also aufgrund sprachlicher Barrieren nicht verstehen kann, kann man auch die Botschaft dahinter nicht verstehen.

Tennis

In the beginning, there is shown a video which gives the audience advice on how to behave in life. In which way is it related with the different performance acts?

Am Anfang der Performance wird ein Video gezeigt, in dem die Besucher Tipps für ihre Lebensführung erhalten. Wie ist dieses Video mit den anderen Szenen verbunden?

Thomas: It started off as a sort of welcoming text. When you went into the tent, it was supposed to be there in the front. You walk in there and see a person telling you what to do, giving you advice. But due to practical things, we moved it back and gave it a big screen. And then it became an act on itself.

Thomas: Es begannals eine Art Begrüßungstext. Wenn man in das Zelt geht, sollte das Video dort gleich am Anfang zu sehen sein. Man läuft hinein und sieht eine Person, die einem erzählt was man tun soll, die einem Ratschläge gibt. Aber aus praktischen Gründen haben wir es zurückgenommen und zeigen es auf einem großen Bildschirm. Und somit ist es ein eigenständiger Akt geworden.

Stephanie: It also has sort of a “father god” kind of feeling, looking down on the little people.

Stephanie: Es vermittelt auch so ein bisschen das Gefühl eines „Gottesvaters“, der auf die kleinen Leute da unten hinabschaut.

Thomas: And I suppose in the sense of “Turmbau zu Babel”, it is very relatable to everyone, in a sense we can all understand. We all experience the same things on it; it applies to all our lives. Though we are being split up into different languages, we are brought together again by just human things.

Thomas: Und ich glaube, dass es, im Bezug auf “Turmbau zu Babel”, sehr vielen Menschen zugänglich ist, auf eine Art die alle verstehen. Wir erfahren alle dieselben Dinge dadurch, es bezieht sich auf unser aller Leben. Obwohl wir aufgespalten sind in verschiedene Sprachen, werden wir wieder zusammengeführt, einfach durch menschliche Dinge.

There is a mixture of languages in your performance; sometimes no words at all, sometimes even fantasy language: In one scene, you are hosting a game show, interacting with people, who have no idea what you are saying. Why did you decide to do this?

Es gibt einen Mix verschiedener Sprachen in eurer Performance. Manchmal braucht es gar keine Wort, manchmal wird sogar eine Fantasiesprache gesprochen: In einer Szene seid ihr Moderatoren einer Gameshow, interagiert mit dem Publikum, die keine Ahnung haben, was ihr sagt. Warum habt ihr euch dazu entschieden?

Thomas: Well, our fantasy language nobody understands. So we all fall back to our other senses. We have to listen to the intonations, the shouting and the music that keeps it together.

Thomas: Unsere Fantasiesprache versteht niemand. Also werden wir auf unsere anderen Sinne zurückgeworfen. Wir müssen auf die Intonation hören, das Schreien und die Musik, die alles zusammenhält.

Tom: It was a Japanese game show idea. You see many clips of Japanese people doing crazy things, dropping people on walls, and other stuff you don’t understand. So we thought we should do a game show and get somebody in there who has to do something like this too.

Tom: Die Idee kommt von den japanischen Gameshows. Man sieht viele Videos von Japanern, die verrückte Sachen machen: Menschen gegen die Wand werfen und andere Dinge, die man nicht versteht. Also dachten wir, so eine Show sollten wir auch machen und irgendwen integrieren, der sowas auch machen muss.

Stephanie: I think that act is the most Babylonian one. Because everyone is standing there, has no clue what the other one is saying, but somehow we are all together building this act, building this tower, building this game show. And I think that comes close to the title.

Stephanie: Ich denke, diese Szene kann man am ehesten als babylonisch bezeichnen. Denn jeder steht da, hat keine Ahnung was der andere sagt, aber irgendwie bauen wir alle zusammen diese Szene, bauen diesen Turm, diese Gameshow. Und ich denke, dass das dem Titel sehr nahe kommt.

Tom

Which kind of reactions do you expect from the visitors? Or which reactions do you wish for?

Welche Reaktionen erwartet ihr von den Besuchern? Oder welche Reaktionen wünscht ihr euch?

Stephanie: It’s really hard to tell. We don’t know this festival, so we don’t really know what the people are like that walk around here. We hope that we give them a good time, and that they have fun.

Stephanie: Das ist wirklich schwer zu sagen. Wir kennen das Festival nicht, also wissen wir nicht wirklich, wie die Leute sind, die hier her kommen. Wir hoffen, dass sie eine gute Zeit und Spaß haben.

Thomas: We tried to arrange the pieces in such a way, that they attract attention by themselves. That, as a part of the audience, you have no choice but to turn your head towards where the noise is coming from, to where the light is shining. But we are expecting that there is going to be a handful of people, who are actually going to walk over and see what is going on. In the past few days, we saw, that the places where we perform also have their own performances. And they do kind of attract people. I hope that when we force them to see us (laughs), they will actually do that and not be discouraged to go there. We don’t have one message, that’s why we have so many different performances. What we were thinking was more like: “What could we do, that doesn’t require someone’s full attention?”

Thomas: Wir haben versucht, die Stücke so zu gestalten, dass sie von alleine Aufmerksamkeit erregen. Dass man als Teil des Publikums gar nicht anders kann, als seinen Kopf dorthin zu drehen, wo die Geräusche herkommen und das Licht scheint. Aber wir erwarten, dass eine Handvoll Leute tatsächlich dort hin laufen wird, um zu sehen was passiert. In den vergangenen Tagen haben wir gesehen, dass die Orte, an denen wir spielen, ihre eigenen Performances haben. Ich hoffe, dass wenn wir die Leute dazu zwingen (lacht), sie das auch tun und nicht abgeschreckt sind, dort hinzugehen. Wir haben nicht die eine Botschaft, deswegen haben wir auch viele verschiedene Performances. Wir haben uns eher gefragt: „Was können wir machen, das nicht die ganze Aufmerksamkeit von jemanden fordert?“

Tom: We knew that from the beginning. It is a walk-around situation. People might stop by and look around for seconds, and then see: Oh, it’s not my thing. And then they walk on. It’s not like a play, where the audience comes in, sits down and then it begins.

Tom: Das wussten wir von Anfang an. Es ist eine Situation, in der die Leute einfach herumgehen. Vielleicht bleiben sie stehen und schauen sich für einige Sekunden um, und stellen dann fest: Das ist nicht mein Ding. Und dann laufen sie weiter. Es ist nicht wie bei einem Theaterstück, bei dem das Publikum hereinkommt, sich hinsetzt, und dann geht es los.

Stephanie: I hope we sometimes get their curiosity, because I think the people coming to the Weltsalon are pretty curious, they like to look around. And maybe, when they get really curious, they stay, they watch, and they can interpret what they want. Because it is so full of mixed messages and mixed signals, they can take from it what they want. For example the speech in the video: You can take the advice you want or need from it. And the rest you can just leave there. I guess you can do that with any act.

Stephanie: Ich hoffe, dass wir manchmal ihre Neugier wecken können. Denn ich denke, die Leute, die den Weltsalon besuchen, sind neugierig und sehen sich gerne um. Und vielleicht, wenn sie wirklich neugierig sind, dann bleiben sie, sehen sich die Performance an und können interpretieren, was sie wollen. Sie ist so voller verschiedener Botschaften und Signale, dass sie sich davon das nehmen können, was sie wollen. Zum Beispiel die Rede, die im Video gezeigt wird: Man kann daraus den Rat ziehen, den man will oder braucht. Und den Rest kann man einfach da lassen. Ich glaube, das kann man bei jeder der Szenen so machen.

(Alle Fotos: Bernd Wackerbauer)

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