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Der Anwalt grüßt

Juliane Becker

Wenn ein brilianter Sachverstand auf die spitze Zunge eines Juristen trifft: Der Anstaltsleiter Max Uthoff präsentierte sein Programm Gegendarstellung im Münchner Lustspielhaus.

(c) Michel Neumeister

(c) Michel Neumeister

Anzug, nicht mehr ganz fülliges Haar, stechender Blick: Max Uthoff scheint soeben erst einer Anwaltskanzlei entstiegen zu sein. Dass er seinem ursprünglichen Beruf seit Beginn der Nullerjahre nicht mehr nachgeht, das ist ein großes Glück für Deutschland – zusammen mit Claus von Wagner hat Uthoff letztes Jahr Die Anstalt übernommen und sie auf Hochglanz poliert. Vorbei sind die Zeiten schnöder Witzchen, vergangen die Stunden voller unsäglich bunter Hemden. Die Epoche des gutgekleideten Informationsfernsehens hat begonnen. Und das auf einem öffentlich-rechtlichen Kanal! Mitunter ist die monatliche Sendung die einzig ernstzunehmende Quelle an aktuellen Fakten; von Wagner und Uthoff lassen keinen Stein auf dem anderen und handeln sich somit regelmäßig Klagen ein. Etwa von diversen ZEIT-Journalisten, die ihre Verbindungen zu transatlantischen Lobbyverbänden geheim halten wollten. Schwupps, flatterte die Einstweilige Verfügung ins Haus, das Video wurde aus der zdf-Mediathek entfernt und ein dicker Mantel des Schweigens über die Sache gelegt. Auf YouTube findet sich die “Verbotene Folge” übrigens natürlich trotzdem noch.

Umso besser, dass der gute Herr Uthoff – übrigens ein Münchner – regelmäßig live auftritt. Privat regt er sich gerne über dumme Werbung auf, auf der Bühne geht es bösartiger zu. Das Lustspielhaus ist rappelvoll, die Stimmung großartig. Uthoff beherrscht wie kein anderer die Darstellung des alltäglichen Wahnsinns. Schonungslos klamüsert er Kreisläufe auseinander, stellt Politiker an den Pranger und predigt das Selbstdenken – und das Ganze unfassbarerweise sogar ohne die Moralkeule zu schwingen. Flockig aufgelockert mit YouPorn-Einschüben und Hitler-Parodien wird dieser eigentlich schwer verdauliche Abend zu einem leichten Dessert, das man in angenehm kleinen Happen in sich hineinlöffelt. Es bleibt trotzdem etwas hängen. Während man nach Hagen Rether oder Volker Pispers schwer depressiv oder vollkommen mental zugedröhnt nach Hause stapft, erinnert man sich nach Uthoffs Programm an Zahlen, Fakten und  – Eins mit Sternchen – Quellen. Denn anders als all die anderen Kabarettisten gibt er gegen Ende tatsächlich Tipps für die überdachte Informationsbeschaffung, etwa die Website NachDenkSeiten.

Seine Ansichten sind so radikal wie überdacht – wer damit kein Problem hat, dem sei seine aktuelle Show Gegendarstellung ans Herz gelegt. Ein angeregter Geist hat noch niemandem geschadet.

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Auftrittstermine:
02.02./03.02. Die Anstalt, ARRI-Studios
14.02. Solo-Programm, Lustspielhaus
23.03./24.03. Die Anstalt, ARRI-Studios

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