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westendstudios 15: Interview mit Wolfgang Gebhard und Susanne Hanus

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Heute Abend um 18 Uhr startet das offene Atelier-Wochenende der westendstudios in die 15. Runde. Unter dem besonderen Motto “Parkhotel” stellen viele Künstler ihre Werke bis Sonntagabend vor. Wir haben im Vorfeld mit zwei von den 19 Teilnehmern, Wolfgang Gebhard und Susanne Hanus, über die Arbeit mit Flüchtlingen und die Entstehung von Kunstwerken unter einem besonderen Motto gesprochen.

Mucbook: Wie passt das Motto „Parkhotel“ zu deinen Kunstwerken?

Susanne Hanus: Unsere Arbeit ist eine ortsbezogene und temporäre Installation und bezieht sich einerseits auf das vorgeschlagene Thema der westendstudios, andererseits auf die Gegebenheiten des Ausstellungsraumes. Die Arbeit versetzt den Betrachter in die Position von flüchtenden Menschen: Sie brechen auf mit tausend Wünschen und Hoffnungen – vor den Augen nur der Horizont, das Meer und tausend Fragezeichen.

Wolfgang Gebhard: Von einem Kunstwerk möchte ich erst einmal gar nicht sprechen, das ist ein Plakat, das kommuniziert. Es hat ja doch mehr als nur eine Bedeutungsebene: Es soll ein Zeichen setzen „Flüchtlinge willkommen zu heißen, sagt aber auch, das derjenige, der da an unsere Tür klopft eine Not hat, nicht freiwillig sich auf den Weg gemacht hat, also: kommen will, kommen muss!Aufgrund der Doppeldeutigkeit ist es vielleicht mehr als nur ein gestaltetes Plakat, eher eine künstlerische Intervention, weil es ja noch mehr möchte, es sucht jemanden – einen Paten also, der „es” und die Aktion gut findet und zu einer offiziellen Person in einer Stadt, in einem Bezirk schicken möchte. Einen Paten für ein Plakat, für einen Bürgermeister (als Stellvertreter für uns alle), für ein Willkommensignal, für die, die kommen wollen, weil sie müssen! „Parkhotel”, das ist auch doppeldeutig. Erst einmal bezeichnet es tatsächlich die ehemalige Unterkunft in der Parkstraße im vormaligen Parkhotel. Dann ist natürlich ein Hotel an sich ein möglicher Zufluchtsort für uns alle, weil auch wir, wenn wir reisen, fremd sind und Geborgenheit, Sicherheit und Schutz suchen. Hier auch ein möglicher Zufluchtsort für Flüchtlinge, in unserem Fall ein tatsächlicher.

Der ausschlaggebende Moment, der dich zur Arbeit mit/über Flüchtlinge gebracht hat?

SH: Flüchtende Menschen sind gerade das vorherrschende Thema überall. Die westendstudios sind ein guter Anlass gewesen, sich damit zu beschäftigen und eine Form zu finden, die dem Ausdruck verleiht und hoffentlich dazu anregt, sich darüber auszutauschen.

WG: Das war ein Anruf einer Stadträtin aus Gröbenzell. Sie hatte mich gefragt, ob ich mit meiner Schülergruppe, die ich im Rahmen meiner Arbeit für die Waldorfschule Gröbenzell betreue, Willkommensplakate für die Gemeinde machen möchte. Der Bürgermeister hatte Bedarf gesehen, weil gerade die Stimmung zu schwanken drohte. Die Schüler haben zwei, drei Plakate schöne entwickelt. Aus dem Projekt wurde jedoch nichts. Bis Shaibu kam… und ich die Idee für mich selbst aufgriff und weiter entwickelte…

War es eine Herausforderung mit diesem Motto zu arbeiten? Warum?

WG: Eine Herausforderung? Ein Vergnügen!

SH: Es ist ein schweres Thema, mit dem man nicht sehr leichtfertig umgehen kann, wir aber auch nicht moralisieren oder belehren wollen.

Erzähle uns etwas über dein gewähltes Medium für deine Kunst.

WG: Plakat ist immer noch ein faszinierendes Medium. Auch in Zeiten von Tablets, E-Books und iPhones. Nicht umsonst heißt es Plakatkunst. Die Kunst besteht darin, auf einer bestimmten vorgegebenen Fläche zu gestalten und zu agieren und doch nicht eindimensional zu sein, sondern eine Geschichte hinter der Geschichte durchleuchten zu lassen – also mehrere Dimensionen zu bedienen. Plakativ, aber nicht platt. Die Königsdisziplin schlechthin im Grafikdesign! Und: Es geht in den öffentlichen Raum und wird dort – möglicherweise – zum politischen Akteur und kann etwas auslösen, bewirken, provozieren und der öden, konsumgeilen Einfalt der Werbeplakate Einhalt gebieten!

SH: Die Installation besteht aus verschiedenen Materialien. Wir haben Horizonte in den Raum gesetzt, die auch als Hindernisse dienen. Darüber hinaus gibt es Zeichnungen und Text an der Wand, sowie einen Guckkasten, den man nach dem Hindernislauf erreicht.

Beschreibe deine Werke in drei Worten.

SH: Horizonte, Hindernisse, offen.

WG: Plakat sucht Pate!

Welches ist dein Lieblingskunstwerk (von dir)?

WG: Meine letzte Arbeit: 779 Portraits, die als Installation an meiner Studiowand „Ich bin: Theodoros Boulgarides“ nachgezeichnet haben und an den Menschen und das NSU-Opfer aus dem Westend, Theodoros Boulgarides, erinnern. Und das jetzt an das Stadtmuseum geht!

SH: Ist so nicht zu beantworten. In meinem Fall würde es das so auch nicht geben.

Wir danken Susanne Hanus und Wolfgang Gebhard ganz herzlich fürs Interview!

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