Mucbook: Cupping, Kaffee Tasting im Münchner Mahlefitz. Mehrere Tassen Kaffee
Essen, Fotobook, Kolumnen, Leben

Cupping – die Kunst des Kaffeetrinkens

Sabine Sikorski
Follow me:

Vor mir stehen zehn Tassen Kaffee. Sie leuchten in allen Schattierungen, die die Farbe Braun zu bieten hat. Von bräunlich-orange über Cognac und Kastanie bis hin zu dunkelbraun, fast schwarz. Zehn Tassen Kaffee in zwei Reihen aufgestellt, dazwischen zwei Tassen mit Wasser, daneben mehrere Löffel. Zehn Tassen Kaffee aus unterschiedlicher Röstung. Kaffee, den ich probieren soll, um die Aromen herauszuschmecken, die Feinheiten der Sorten und der Röstungen kennenlernen. Zehn Tassen Kaffee. Ich bin Teetrinkerin.

Mucbook: Kaffee Tasting im Mahlefitz. Säcke mit Rohkaffee

In diesen Säcken lagert der Rohkaffee

 

Cupping im Mahlefitz

Im Frühjahr 2014 hat in Neuhausen das Mahlefitz aufgemacht. Eine Kaffeerösterei mit angeschlossener Kaffeebar, in der jeden Freitag um 18 Uhr eine Führung stattfindet, inklusive Verköstigung. Cupping nennt der Profi das. Sebastian ist so ein Profi, ein Cuppa, quasi ein Sommelier für Kaffee. Er erklärt uns heute alles, was es über des Deutschen Lieblingsgetränks zu wissen gibt.

Der erste Weg führt in das Lager. Säckeweise lagert hier der Rohkaffee. Kleine, grüne Bohnen in unterschiedlichen Schattierungen. Je nachdem, ob sie nass, trocken oder halbtrocken aufbereitet wurden. Nass bedeutet, dass das Fruchtfleisch direkt nach der Ernte entfernt wird und die Kaffeekirschen in Wassertanks aufquellen. Schlechte und unreife Früchte schwimmen auf dem Wasser und können entfernt werden. Ein Vorteil, so Sebastian, denn eine schlechte Kaffeebohne könne eine ganze Mischung verderben. Die trockene Aufbereitung, auch Natural Method genannt, ist die älteste Methode. Die Kaffeekirschen werden gereinigt und an der Sonne getrocknet. Halbtrocken ist eine Mischung aus beiden Methoden, inklusive Fermentation.

Wir erfahren noch mehr: Wie und wo Kaffee angebaut wird, was Varietäten sind, wie das Ernten funktioniert, warum in Kenia der Kaffee am Säuerlichsten ist und und und. Ich sehe mich um und frage mich, warum hier nirgends Kaffee rumliegt. Die Erklärung liegt auf der Hand – Kaffee nimmt schnell Gerüche an, auch im Rohzustand. Deshalb ist es wichtig darauf zu achten, dass alles immer gut verpackt ist.  

Mucbook: Cupping im Münchner Mahlefitz. Cuppa Sebastian mit Rohkaffee in der Hand

Cuppa Sebastian ist ein echter Profi und weiß alles über Kaffee

 

Die Romantik des Röstens

Im Raum neben dem Lager steht eine riesige Röstmaschine. 15 Kilo passen da pro Röstvorgang rein. Aus einem Kilo entstehen ca. 800-900 Gramm Kaffee. Rund 200 Aromen hat die Kaffeebohne vor der Röstung, weitere kann man währenddessen beeinflussen. Im Mahlefitz wird der Kaffee ca. zehn bis 15 Minuten geröstet, und zwar hell. Die unterschiedliche Temperatur und Dauer beeinflusst den Geschmack. Zunächst trocknet der Kaffee in der Maschine. Die Bohne wird gelblich, es kommt zum ersten Crack, was vergleichbar mit Popcorn ist.

Bei einigen Sorten wird der zweite Crack herbeigeführt, hörbar durch ein Knistern. Vor meinem inneren Auge mischt sich Popcorn mit dem Geschmack von frischem Brot, und ich bin mir sicher, dass frisch gerösteter Kaffee eine Geschmacksexplosion sein muss! Ist er aber nicht, ganz im Gegenteil. Lagern muss er, bevor er schmeckt. Im Mahlefitz rund sechs Tage. Erst dann kommt er in den Verkauf. Das liegt am CO2, das während der Lagerung ausgestoßen wird.

Mucbook: Cupping im Münchner Mahlefitz. Innenanschicht der Röstmaschine

Die Kunst des Röstens

 

Durch die Kruste

Wir sind wieder im gemütlichen Raum der Kaffeebar angekommen. Sebastian bereitet den Kaffee vor. Zehn Tassen werden mit dem braunen Pulver gefüllt und auf den Tisch gestellt. Davor liegen Zettel, auf denen die Sorten stehen. Umgedreht, damit wir nicht wissen, was wir trinken. Zunächst wird der Kaffee mit kochendem Wasser aufgebrüht. Vier Minuten muss er jetzt stehen. Danach wird die Kruste durchbrochen. Was nach Karamellkruste auf Crème Brûlée klingt, ist nur die Oberfläche des Kaffees, die Sebastian jetzt unterrührt, um anschließend den Schaum mit zwei Löffeln schnell und geschickt abzuschöpfen.

Mucbook: Cupping im Münchner Mahlefitz. Tasse Kaffee, Schaum wird mit Löffeln abgeschöpft

Mit zwei Löffeln wird der Schaum abgeschöpft

 

Zehn Tassen Kaffee – challenge accepted

Und dann stehen sie vor mir: Zehn Tassen Kaffee. Von allen soll ich probieren. Ich erinnere mich an Peters Worte, der das Mahlefitz zusammen mit Sebastian betreibt: „Wenn du Tee trinkst, kannst du auch unseren Kaffee trinken“. Okay, Peter, challenge accepted!

Ich nehme mir einen Löffel und reihe mich ein. Die anderen sind schon begeistert dabei, sich durch die verschiedenen Sorten zu probieren, die verschiedenen Nuancen zu besprechen. Immer wieder taucht ein Löffel in das braune Gold, wird in die eigene Tasse geschüttet und probiert. Zwischendurch werden die Löffel in den Wassertassen kurz abgespült, um den Geschmack des nächsten Kaffees nicht zu verfälschen. Ich nehme also meinen Löffel und nähere mich vorsichtig der ersten Tasse. Langsam tauche ich ihn ein, nehme mir deutlich weniger als alle anderen, schütte den Kaffee in meine Tasse und probiere ihn mit gekräuselter Nase. Als die Flüssigkeit meine Zunge berührt passiert etwas Unerwartetes. Gar nicht so schlecht, denke ich. Doch nach der dritten Tasse schmecke ich den Kaffeegeschmack zu deutlich heraus und mir wird klar, dass aus mir wohl nie eine Kaffeetrinkerin werden wird.

Während ich mich trotzdem tapfer weiter durch die restlichen sieben Tassen probiere, löchern die anderen Sebastian mit Fragen: „Wie kommt das Koffein in den Kaffee?“ Das liegt an den verschiedenen Sorten. Arrabica hat zum Beispiel weniger als Rustica. Je mehr Fressfeinde eine Pflanze hat, desto mehr Koffein entwickelt sie. Weiter spielen die Röstung und der Wasserkontakt eine Rolle. Im Mahlefitz wird bevorzugt die Sorte Arrabica verwendet.
„Was hältst du von Milch und Zucker im Kaffee?“ Nicht viel, so Sebastian. Zucker übertüncht den Geschmack, Milch kann ihn unterstreichen, ihm eine andere Nuance geben, sollte aber nicht zu viel verwendet werden.

Mucbook: Kaffee Tasting im Münchner Mahlefitz, mehrere Tassen Kaffe

Endlich darf probiert werden

 

Mission accomplished

Ich bin durch. Der letzte Kaffee ist besonders bitter. Ich wünsche mir einen Tee und trinke erstmal ganz viel Wasser. Dann werden die Sorten aufgedeckt. Der besonders bittere Kaffee ist ein herkömmlicher aus dem Supermarkt. Ganz dunkel geröstet, was die Geschmackskomponenten vernichtet, aber so kennen ihn die meisten halt. Die anderen Teilnehmer haben ganz klar einen Favoriten: Den Sitio da Torre aus Brasilien, wie die meisten Kunden, sie lieben das Nussige daran. Nur einer bevorzugt die Röstung aus New York, wegen der Säure. Sebastian erklärt, welcher Kaffee nass, welcher trocken hergestellt wurde und rät, diese nacheinander noch mal zu probieren.

Ich verzichte und höre mir lieber was über Haselnuss-, Blaubeer- und Mangonuancen an. Zudem erfahren wir, dass in Supermarktkaffees oft Sägespäne oder Farbstoffe beigesetzt werden, um ihn möglichst dunkel zu machen. Deklariert werden muss das bis zu einem bestimmten Prozentsatz nicht. Ich verfluche die Lebensmittelindustrie mit all ihren Täuschungen und frage mich, was wohl alles in meinen Tees nicht ausgezeichnet wird. Derweil löffeln sich die anderen noch immer begeistert durch den Kaffee. Das Wasser in den Tassen für die Löffel hat sich längst braun verfärbt. Ich gehe nach Hause und koche mir einen Tee.

Mehr Pics zum Cupping im Mahlefitz findet ihr in unserer Bilderstrecke.

Fotocredit: Sebastian Lehner


 

Infos in aller Kürze:

Adresse Mahlefitz Nymphenburger Str. 51

Öffnungszeiten Mo-Fr:8 bis 18 Uhr Sa: 10 bis 18 Uhr So/Feiertage: 13 bis 18 Uhr

Kaffeeverköstigungen Wann: Jeden Freitag um 18 Uhr Teilnehmerzahl: max. 6 Personen Dauer: ca. 1 Stunde Kosten: 20 Euro

No Comments

Post A Comment

Simple Share Buttons
Simple Share Buttons