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Der Blaue Reiter: “Das ganze Werk kennt keine Grenzen und Völker, sondern die Menschheit”

Katerina den Toom
Das ganze Werk, Kunst genannt, kennt keine Grenzen und Völker, sondern die Menschheit.

In einer noch nie da gewesenen Vollständigkeit kehrte der Blaue Reiter gestern, am 3. Februar 2016, in das Lenbachhaus zurück. Nach Ausstellungen wie „Klee & Kandinsky“, „August Macke & Franz Marc“ und umfangreichen Ausleihen in alle Welt wurde die Abteilung des Blauen Reiter neu eingerichtet und jetzt wiedereröffnet.

Die weltweit größte Sammlung an Werken der Künstlergruppe um Kandinsky, Münter, Macke und Marc befindet sich im Lenbachhaus und machte das Museum mit der Schenkung Gabriele Münters 1957 zu einem internationalen Anlaufpunkt für Fans des Blauen Reiter. Mit der Wiedereinrichtung der Abteilung wird der Schwerpunkt auf die Offenheit, Modernität und Vielfalt dieser Künstlergruppe gelegt.

Doch ist der Blaue Reiter schon länger im Lenbachhaus beheimatet. Was ist also neu? Betreten die Besucher die Ausstellung im zweiten Stock, fällt wohl zuerst die neue Gestaltung der Räumlichkeiten auf. Grelle Wandfarben wie Hellgrün und Gelb sind einem zurückhaltenden Beige und Blaugrün gewichen.

„So kommt die Farbigkeit der Bilder besser zur Geltung“, erklärt Annegret Hoberg, Sammlungsleiterin des Blauen Reiter. Von den berühmten bunten Bildern aus der Murnauer Zeit Kandinskys und Münters über Franz Marcs Tiergemälde bis zu Kandinskys expressiver Abstraktion kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs – die Bilder erhalten eine neue Aktualität und zeigen, wie die Künstler sich mit den Naturwissenschaften und den neuen Methoden der Kriegsführung auseinandersetzten.

Ebenfalls neu sind zwei Kinderwerke in der Sammlung. Sie wurden von Gabriele Münters dreizehnjähriger Nichte Elfriede gemalt und zeigen eine fast schon unheimliche Ähnlichkeit mit den Bildern ihrer Tante.

Ein Raum in der Neupräsentation ist dem 1912 von Kandinsky und Marc herausgegebenen Almanach „Der Blaue Reiter“ gewidmet. Auf einem Touchscreen kann man durch das Buch blättern. In dem Almanach halten die Künstler die Gleichberechtigung jeglicher Kunst, ob afrikanische Schnitzereien, ägyptische Kunst oder Kinderkunst, fest. Ein nicht veröffentlichtes Vorwort des Buches beinhaltet einen Satz, der vor dem aktuellen politischen Geschehen nicht moderner sein könnte: „Das ganze Werk, Kunst genannt, kennt keine Grenzen und Völker, sondern die Menschheit.“

Dieses offene und selbstbewusste Denken der Gruppe, Kunst unabhängig von Zeit, Region und Stil zu verstehen, war für die damalige Zeit revolutionär und heute aktueller denn je. Zudem war der Blaue Reiter die einzige Künstlergruppe ihrer Zeit, in der Künstlerinnen und Künstler aktiv waren.

In zwölf Räumen können die Besucher die einmalige Sammlung nun dauerhaft sehen.

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