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Die Stadt die niemals schläft – weil sie Schlange steht.

Birgit Buchart

Nachdem mir die ersten paar Wochen viele Vorurteile von New York bestätigt haben, stolpere ich doch immer öfter über unerwartete Kleinigkeiten, die das typische New York Portrait in meinem Kopf übermalen. Dass New York in keiner Hinsicht mit dem Rest der USA zu vergleichen ist, wurde mir schon unzählige Male erklärt und es gibt eine ganz bestimmte Sache, dessen Wichtigkeit ich auf jeden Fall unterschätzt habe: Gutes Essen.

Klar, es gibt sie noch, die unzähligen Fastfood Ketten und die 1-Dollar-HotDogs auf den Straßen aber es braucht nur einen kurzen  Smalltalk mit einem New Yorker um festzustellen, dass der Stolz ganz wo anders liegt. Smalltalk entsteht nebenbei gesagt überraschend schnell und häufig in dieser Stadt und jedes einzelne Gespräch führt früher oder später ganz sicher zu diesem einem Thema: New Yorks vielfältiges kulinarisches Angebot. Jeder scheint die besten Tacos, die leckerste Pizza oder den authentischsten Vietnamesen zu kennen und überschüttet mich mit Empfehlungen und Tipps, dass ich mittlerweile eine niemals zu bewältigenden Liste mit mir herumtrage. Der Lonely Planet landete schon vor einer ganzen Weile in einer Schublade, weil ihm die hilfsbereiten New Yorker jeglichen Sinn genommen haben. Wer hätte gedacht, dass sich gerade in den USA meine Reise zu einer einzigen kulinarischen Entdeckungstour entwickelt?

Und wenn es ums Essen geht, hat man hier offenbar ganz plötzlich alle Zeit der Welt. Für gute Speisen oder gar Imbisse verbringt man ohne weiteres mehr Zeit in der Schlange vor dem Lokal, als letztendlich am Tisch. Im Madison Square Park steht zum Beispiel die erste Filiale der besonders beliebten Qualitäts-Burgerkette „Shake Shack“, die es zwar mittlerweile schon unzählige Male in der Stadt gibt, dessen Ansturm allerdings kaum nachlässt. Um die Mittagszeit zieht sich die außerordentlich geduldige Schlange durch den gesamten Park, weshalb bereits Live-Kameras installiert wurden, um den Menschen in ihren Büros den aktuellen Stand der Wartezeit vorauszusagen.

Unbenannt-1shakeshackEin Phänomen das sich aber nicht nur auf Manhattans Arbeits- und Touristenviertel beschränkt. Im Großraum Brooklyns, dem Viertel Midwood, an dem man eigentlich nur vorbeikommt, wenn man den Zug nach Coney Island nimmt, wurde mir die beste Pizza der Stadt versprochen. Und auch hier, in dem unauffälligen Ecklokal „Di Fara“ wartete ich zusammen mit einer ganzen Menge Einheimischer ungefähr eine Stunde auf mein einzelnes Stück Pizza, das  – wie ich zugeben muss – die Geduld am Ende tatsächlich wert war. Natürlich ist New Yorks Besonderheit, die verschiedensten ethnischen Viertel mit den jeweiligen authentischen Küchen zu besitzen eine Attraktion an sich und als Tourist kommt man nicht umher in Bushwick Mexikanisch oder in Brighton Beach Russisch zu essen, trotzdem ist es faszinierend, wie sehr auch die Einheimischen diese Eigenheit in ihrer Stadt zu schätzen wissen – und enorm viel Zeit und Geld dafür investieren.

Ob man sich nun an das endlose Schlangestehen gewöhnt oder nicht, New York ist und bleibt einzigartig in seiner unglaublichen Auswahl an Spezialitäten der ganzen Welt – da kann sich München wortwörtlich hinten anstellen.

Eine Übersicht für den kulinarischen Spaziergang durch New York:

Chinatown – Asiatisch

Little Italy – Italienisch

Brighton Beach – Russisch

Bushwick – Mexikanisch

Flatbush – West Indisch

Greenpoint – Polnisch

Kensington – Bangladesh

Bay Ridge – Jemenitisch

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Fotocredit: Birgit Buchart

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