tagebook des Museum Fünf Kontinente

„Ein letzter Tanz im Südseeparadies“ – Queen Emmas Imperium in Deutsch-Neuguinea

Tagebook Archiv

Ein Ethnologischer Salon mit Dieter Klein am 29. April ab 19 Uhr

Der Ethnologische Salon in München gilt als Treffpunkt für all diejenigen, die sich für andere Kulturen und Zeiten interessieren. An (fast) jedem letzten Freitag im Monat werden im Foyer des Museums Fünf Kontinente inszenierte Lesungen oder unterhaltsame Präsentationen zu unterschiedlichen ethnologischen Themen geboten. Überraschungsgäste, Filme oder andere spannende Beiträge ergänzen die Abende. Anschließend ist in einem offenen Forum Zeit für anregende Gespräche.

Die Halbsamoanerin Emma Eliza Coe war nicht nur attraktiv, sondern äußerst intelligent und selbstbewusst. Durch ihre Idee, in Deutsch-Neuguinea als Erste Kokosplantagen anzulegen, gelangte sie zu Ansehen, Macht und Wohlstand – und machte sie schließlich zur reichsten Frau der Südsee. Schon bald wurde sie deshalb in der gesamten Region „Queen Emma“ genannt. Um 1900 befand sie sich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Ihren sagenhaften Reichtum zeigte sie auf legendären Festen, die Gesprächsstoff und sehnsüchtiges Ziel kolonialer Männerzirkel wurden.

Queen 20 Hochzeit Emma m. Paul Kolbe

Hochzeitsfoto der Queen Emma mit Paul Kolbe

 

Es gab jedoch nicht nur Bewunderer Queen Emmas. Einer ihrer schärfsten Kritiker war ein gewisser Graf Rudolf Festetics de Tolna. Der in Frankreich lebende ungarische Graf befand sich Ende des 19. Jahrhunderts auf seiner Privatyacht im Pazifik und kam auf seiner Reise auch in Herbertshöhe vorbei.

„Der Graf, der vor Selbstbewusstsein nur so strotzte, ging wohl davon aus, dass sich Emma Kolbe für ihn interessierte und den schillernden Reisenden zu sich einlud. Queen Emma jedoch bestimmte selbst, wen sie hofierte und strafte ihn mit ostentativer Mißachtung. Der Comte war tief gekränkt. Außerdem sorgte er in der Kolonie für Aufregung, da er den Einheimischen alte Gewehre und Munition verkaufte, was inzwischen streng verboten war. Dafür wurde er festgesetzt. Doch Queen Emma meinte, mit einer Inhaftierung wäre niemandem gedient und schlug stattdessen eine Geldstrafe vor. Der wohlhabende Festetics zahlte schließlich 5000 Goldmark, war wieder frei und verließ schleunigst die Kolonie.
Doch der Graf nahm Queen Emma nicht nur ihre Missachtung, sondern auch die harte Geldstrafe übel und rächte sich später in seinen Reiseerinnerungen, in denen er kein gutes Haar an ihr ließ. Mal bezeichnete er sie als eine Mischung aus „neupommersche Pompadour und kolonialer Madame Humbert“ (letztere zu dieser Zeit eine berüchtigte Pariser Hochstaplerin), mal als princesse cannibale (Kannibalenprinzessin).

Den Tiefpunkt seiner Diffamierungen stellt eine Begebenheit dar, die sich bei einem Fest ereignete, zu dem ein deutscher Kaufmann auch beide Kontrahenten eingeladen hatte.

Queen 28a DNG 25-Jahr Feier 1909

Festetics berichtet:

Die Soiree wurde durch ein Missgeschick geprägt, dessen Opfer meine Verfolgerin, Madame Kolbe, wurde. Es gibt also noch Gerechtigkeit im Himmel! Während man also tanzte, zog sich Madame Kolbe einen Augenblick in ein Zimmer zurück, das den Damen zur Verrichtung ihrer Notdurft zur Verfügung stand. Aber das zerbrechliche Porzellan auf das sie sich setzte, zersprang unter ihrem Gewicht. Sie stieß sofort schreckliche Schreie aus, die im Salon natürlich Bestürzung auslösten. Die ganze Gesellschaft rannte in den Raum um ihr zu Hilfe zu kommen. Die Porzellansplitter („Gefäßstücke“) hatten sich tief in ihr Gesäß („den intimsten Teil ihres Fleisches“) eingenistet und man wusste nicht wie man deren Entfernung bewerkstelligen konnte. Der einzige Arzt in der Kolonie war unglücklicherweise nicht unter den Gästen. Man musste also Zuflucht zu Freiwilligen nehmen. So beugten sich deutsche Amtsschimmel immer wieder über eine opulente Fleischschau, die von Zuckungen geschüttelt wurde, wie ein zitternder Gelee.
So also hören sich die geschmacklosen Bemerkungen eines beleidigten Grafen an. (Auszug aus Festetics de Tolna, Rodolphe 1904: Vers L’ecueil de Minicoy. Apres huit ans dans l’ocean Pacifique et Indien, Paris; Übersetzung aus dem Französischen durch Dieter Klein)

Queen 22 Fest mit v. Bennigsen, Schnee, Hahl

 

Dieter Klein begann vor 20 Jahren sich mit der Geschichte von Queen Emma auseinanderzusetzen. Seitdem lässt ihn das Leben dieser erstaunlichen Frau nicht mehr los. Und er hat während seiner Recherchen bemerkenswerte Funde gemacht, so dass bei diesem Salon auch Fotos zu sehen sind, die zum ersten Mal öffentlich gezeigt werden.

Es wird ein Abend über die imposante „Lola Montez der Südsee“….

  • Queen Emma literarisch: „Imperium“ von Christian Kracht und  „Der letzte Tanz im Paradies“von Jürgen Petschull. Lesung mit Karin Sommer
  • Queen Emma historisch: Ihr märchenhafter Aufstieg zur reichsten Frau der Südsee und ihr tiefer Fall. Dieter Kleins Recherchen in der Kolonialgeschichte
  • Queen Emma cinematographisch: Filmausschnitte aus der Fernsehserie „Das Weltreich der Deutschen – Abenteuer Südsee“.
  • Offenes Forum
  • Moderation Karin Sommer und Stefan Eisenhofer

Wann? Am 29.April ab 19.00 Uhr

Wo?    Maximilianstrasse 42, Museum Fünf Kontinente

Wieviel? 5 €


 

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