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Kultur

Shunga Shunga Baby – japanische Erotik am Starnberger See

Ein bisschen ist es so, wie wenn spät abends ein Film kommt. „Achtung, die nachfolgende Sendung ist für Zuschauer unter 16 Jahren nicht geeignet“, heißt es da. Im Buchheim Museum der Phantasie am Starnberger See ist es gerade ähnlich, zumindest was die Ausstellung Klimt & Shunga betrifft. An der Tür steht, dass man nicht eintreten sollte, wenn man sich durch explizit erotische Bilder belästigt fühlt. Die Wirkung ist – damals wie heute – genau die Gleiche, natürlich wird man neugierig und tritt ein.

Klimt & ShungaJapans Ars erotica Lehrbücher – die Shungas

Zunächst empfangen einen mehrere Wandtafeln Text. Klar, so ein heißes Thema will nach der undurchsichtigen Tür musealisch korrekt vorbereitet sein. Auf den Tafeln erfährt der Besucher wie sich die Künstler der Moderne – darunter auch Gustav Klimt – von Japanischer Kunst beeinflussen ließen. Und was Shungas eigentlich sind.

Ausstellung Klimt & Shunga

Wörtlich bedeutet Shunga Frühling und steht als Metapher für Sex. Auf detailreichen Farbholzschnitten sind masturbierende Einzelpersonen zu sehen, homo- und hetero-erotische Szenen. Die Geschlechtsorgane sind überdimensional groß. Die Körper wild und leidenschaftlich ineinander verschlungen. Gottseidank hängt irgendwo der Hinweis:

Shunga Tafel

Japanische Kunst-Pornos für die ganze Familie

Diese kleinen Kunstwerke entstanden in der Edo-Zeit zwischen 1603-1868 und wurden zur Belehrung, Unterhaltung und zur Freude von Mann und Frau angefertigt – teilweise auch von Generation zu Generation vererbt. 1910 wurden Shungas verboten, man empfand sie mittlerweile als obszön. Erst 2013 initiierte das British Museum in London die erste große Shunga-Ausstellung, die im letzten Jahr ans Tokyo Museum kam und das Tabu der öffentlichen Präsentation brach. Shungas sind also japanische Kunst-Pornos, die stets auch das Humoristische mit einbeziehen – kann es etwas Besseres geben?

Klimts Interpretation der weiblichen Lust

Auch im Nachlass von Klimt fanden sich einige Shungas. Er ließ sich nicht nur von den detailreichen Kimono-Stoff-Zeichnungen in den Shungas beeinflussen, sondern widmete sich natürlich auch der Darstellung der Lust. In 15 Zeichnungen stellte er beispielsweise die unterschiedlichen Stadien der weiblichen Selbstbefriedigung dar.

klimt_liegend

Gustav Klimt, Liegender Akt, 1912/13, Farbstiftzeichnung. Diese Zeichnung war Anlass für die Ausstellung Klimt & Shunga.

Seine Skizzen, Studien und Zeichnungen werden im Buchheim Museum den Shungas gegenübergestellt. Wobei Klimts Kunst im Vergleich zu den expliziten Darstellungen zurückhaltender ist – den Umständen des christlich-prüden Europas geschuldet. Galt Masturbation dank Immanuel Kant oder Jean-Jaques Rousseau doch nach wie vor als schwerwiegendes Problem. Auguste Tissot bezeichnete die Onanie als „Übel aller Übel“, das Krankheiten auslöse. Vermutungen und Ideen, die heutzutage als wiederlegt und absolut falsch gelten.

Die Ausstellung im Buchheim Museum bei Bernried läuft noch genau bis zum 19. Juni. Es gibt also keinen anständigen Grund, nicht hin zu gehen um sich die großartige Ausstellung selbst an zu sehen.

 

 

(c) Fotos: Buchheim Museum, Ronja Lotz

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