Anzeige, tagebook der Kammerspiele

Absolutely Fabulous: Theater-Tipps im Juni

Tagebook Archiv
01./02. Juni: THE UNUSUAL WEATHER PHENOMENA PROJECT

In seinem „Handbook of Unusual Natural Phenomena“ aus dem Jahr 1974 katalogisiert der amerikanische Physiker William R. Corliss wissenschaftlich verbürgte, aber selten beobachtete Wetterwunder – unter anderem den rückwärts fallenden Regen, den vierfachen Sonnenuntergang oder die umgekehrte Reihenfolge der Jahreszeiten. Im Vorwort notiert er: „Man versteht die Welt besser anhand ihrer Seltsamkeiten. Erstaunlich, dass vor mir noch niemand auf die Idee gekommen ist, eine vollständige Bibliothek der Ungewöhlichkeiten aus allen Wissenschaftsgebieten zu erstellen.“ Aus Corliss’ Beschreibungen und ihrer musikalischen Rekonstruktion entsteht die neue Produktion des Schweizer Theaterregisseurs Thom Luz. Die vier AusnahmemusikerInnen Mathias Weibel, Michael Flury, Evelinn Trouble und Mara Miribung verwandeln sich in WettermacherInnen und installieren auf der Bühne eine sich verselbstständigende Wettersymphonie für Posaune, Trompetengeige, Tonband und Lichtmaschine. Eine staunende Annäherung an das Wunder der Realität, und eine Verneigung vor allem, was wir nicht verstehen.

Tickets gibt´s hier.

© Tabea Hüberli

© Tabea Hüberli

03. Juni: 50 GRADES OF SHAME

In Wedekinds „Kindertragödie“ „Frühlings Erwachen“ scheitern einige Sorgeberechtigte und ErzieherInnen kläglich an der Aufgabe, die ihnen anvertrauten Jugendlichen in dem Wissen über Sex zu unterweisen. Aufklärung könnte die jungen Menschen verderben, das ist ihre Sorge. Heute, 125 Jahre später, ist die individuelle sexuelle Entfaltung zum gesellschaftlichen Imperativ geworden. Und Bilder von unbekleideten Körpern und Sex stehen dafür überall zur Verfügung. Die gesellschaftliche Bedeutung solcher Darstellungen hat sich geändert; die Sorge ist geblieben. Inspiriert von Wedekinds utopischen Erziehungskonzepten errichtet das Performance-Kollektiv She She Pop zusammen mit dem Ensemble der Kammerspiele eine eigene Erziehungsanstalt. Mit Zeigestock und anschaulichen Bildtafeln, entlang der Szenen aus “Frühlings Erwachen” und Motiven aus E. L. James Roman “50 Shades of Grey” entwickeln sie eine ars erotica im Frontalunterricht: Eine vertrauensvolle Unterweisung der Unerfahrenen mit den Mitteln der Kunst. Ein bewegter Bilderbogen von 50 Graden der Scham.

Tickets gibt´s hier.

03./04. Juni: HEWHEIMAT: HOST CLUB @KAMMER

Im HOST CLUB erlebt das Publikum eine Mischung aus Theaterhappening, Gesprächsrunde und Salon. Unter dem Titel „NewHeimat“ finden interaktive Gesprächsangebote in quasi privater Atmosphäre statt. Der HOST CLUB thematisiert die vielen Facetten des Heimatbegriffes, welcher in Zeiten der sogenannten Flüchtlingskrise und der Radikalisierung rechter Kreise eine Hochkonjunktur erfährt. Gemeinsam mit Studierenden der LMU München bringen wir das HOST CLUB-Format des Schweizer Theatermachers Marcel Schwald nach München, in den sechsten Stock der Kammerspiele, über die Dächer der Stadt.

Treffpunkt Kammer 2, Eintritt 5 €

07. Juni: TISCHSZENEN – SYRIEN SPEZIAL

Vom Osten Syriens, aus der Region rund um die Stadt Deir ez-Zor, ziehen die nächsten Tischszenen mit syrischen Köch_innen weiter westwärts nach Aleppo. Denn vielleicht braucht es nur die richtige Mischung aus frischen Kräutern und Gewürzen, die Erinnerung an einen bestimmten Geschmack, um auf der Suche nach einer verloren gegangenen Zeit dort anzukommen, wo man bis vor kurzem noch zuhause war. Beim gemeinsamen Kochen auf der Bühne der Kammer 2 verwandelt sich das Theater in eine culture kitchen.

13. Juni: EPISODE #7: ABSOLUTELY FABULOUS

NEUIGKEITEN AUS DER WELT DER FERNSEHSERIEN MIT JULIANE REBENTISCH UND EKKEHARD KNÖRER

Unter dem Titel „Episode“ stellen Experten und Theoretiker aus dem Umfeld der Filmzeitschrift „Cargo“ in der Kammer 3 mit wechselnden Gesprächspartnern eine Episode aus einer Fernsehserie zur Diskussion. In der 7. Folge ist Juliane Rebentisch, Professorin für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach, zu Gast. Im Gespräch mit Ekkehard Knörer, dem Chefredakteur des „Merkur“, beschreibt sie ihre Erfahrungen mit der britischen Sitcom „Absolutely Fabulous“, von der zwischen 1992 und 2011 bislang fünf Staffeln produziert und ausgestrahlt wurden.

Tickets gibt´s hier.

16. Juni: YESTERDAY YOU SAID TOMORROW (zum letzten Mal)

Facebook investierte kürzlich 2 Milliarden Dollar in eine Technologie, die sich Oculus Rift nennt und aus einem an eine Taucherbrille erinnernden schwarzen Gerät besteht, in dem sich ein leistungsstarker Computer verbirgt. Diese magische Brille versetzt ihren Träger in eine phantastische Wunschumgebung, die sich um den Brillenträger herum aufbaut und nach Belieben gestaltbar ist (nicht zuletzt die Pornoindustrie setzt daher große Hoffnungen in diese Brille). „Yesterday you said tomorrow“ steht am Beginn der Zeit, in der die virtual reality nicht mehr Computerspiel-Adepten vorbehalten ist, sondern wie selbstverständlich mit dem menschlichen Körper verschmilzt: Als Spezialisten der Vision gleiten Schauspieler auf den Grenzen zwischen virtuell und wirklich und führen den Zuschauer in die ausgedehnte Welt des Oculus Rift, wo ihm womöglich zauberhaften Fischlein beim Füßeknabbern begegnen oder ein wimmelnder Schwarm Blechkäferchen den Weg versperren – the virtual is the real!
GIESCHEand ist eine Konstellation unabhängig arbeitender Künstler, die wiederholt für Kollaborationen zusammenkommen. Neben der Dramaturgin Aukje Verhoog und der Ausstatterin Nadia Fistarol ist Alexander Giesche als künstlerischer Leiter das Zentrum der Gruppe. Er war Student der Angewandten Theaterwissenschaft Gießen und bei DasArts in Amsterdam sowie Artist in Residence am Theater Bremen. Mit seinen technologiebasierten Projekten erregte er die Aufmerksamkeit internationaler Festivals und Jurys. Zuletzt wurde er mit „Der Perfekte Mensch“ zu Radikal jung eingeladen. Ab 2015/16 plant GIESCHEand das spielzeitübergreifende Projekt „Future Shock“ an den Münchner Kammerspielen.

Tickets gibt´s hier.

 

© Gabriela Neeb

© Gabriela Neeb

17. Juni: WOHER – WOHIN BIN ICH DOCH STETS DAS WO ICH BIN!?!

Lieder und Geschichten, ein Gesangs-Workshop mit Georgette Dee und Heinz-Peter Lange, 3. Jahrgang Schauspiel, Eintritt frei, Anmeldung erforderlich

Leben, Kunst, Taten, Scheitern … In dem Workshop beschäftigen sich die Studierenden des 3. Jahrgangs anhand der Frage, was wir mit unseren Talenten und Träumen aus unserem Leben machen wollen, mit dem Thema Identität. Was würdest Du gern mit deinem Leben und deiner Kunst bewirken, wenn Du von der Zukunft träumst? In welcher Weise Leben, Kunst, Gesellschaft, Welt mitgestalten oder eben vielleicht einfach nur in ihr sein?!?

Eintritt frei, Anmeldung unter: 089/23337083

Premiere am 24. Juni, weitere Vorstellungen am 28./29. Juni
HOT PEPPER, AIR CONDITIONER AND THE FAREWELL SPEECH

Der japanische Regisseur und Autor Toshiki Okada untersucht in seiner Trilogie „Hot Pepper, Air Conditioner and The Farewell Speech“ die zeitgenössische japanische Arbeitswelt. In den letzten Jahren versuchte die japanische Regierung durch Privatisierungen das stagnierende Wirtschaftswachstum wiederzubeleben und gegen die erstmals in der Geschichte des Landes wachsende Arbeitslosigkeit anzugehen. Bisher ohne dauerhaften Erfolg. Okada begegnet der wirtschaftlich-politischen Realität, indem er liebe- und humorvoll die Menschen hinter den Statistiken zeigt: Die vom Verlust ihrer Jobs bedrohten Leiharbeiter unterhalten sich vor allem über das Lokal für die Abschiedsfeier ihrer entlassenen Kollegin (und vielleicht auch die eigene). Die Festangestellten nutzen ihre Arbeitspause für erotische Annäherungen im Gespräch über die Temperatur der Klimaanlage. Und die entlassene Mitarbeiterin selbst bedankt sich ausufernd für die zugestandene (Arbeits-)Zeit. Niemand spricht offen aus, was er / sie denkt und doch wird es sichtbar. Besonders in den choreografisch analysierten Körpern der Sprechenden. Toshiki Okada, einer der wichtigsten zeitgenössichen Künstler Japans, adaptiert seine zuerst 2009 mit der „chelfitch“-Kompanie geschaffene und durch die ganze Welt gereiste Inszenierung in seiner ersten Regiearbeit in Europa mit dem Ensemble der Kammerspiele.

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25./25. Juni: DER NEUE MENSCH. VIER ÜBUNGEN IN UTOPISCHEN BEWEGUNGEN

Anfang des 20. Jahrhunderts, unter dem Schock des Ersten Weltkriegs, hofften KünstlerInnen auf die Revolutionierung aller Verhältnisse mit Hilfe der Kunst. Das Medienkollektiv LIGNA nimmt sich vier (fast vergessener) utopischer Visionen an: Drei Entwürfe eines neuen Menschen, eines besseren Lebens von Laban, Meyerhold, Chaplin – und ein vierter schießt quer: Brecht entwirft in seinen Lehrstücken das Theater eines klassenlosen Staates, in dem die Gesten des Menschen und damit die gesellschaftliche Situation im Ganzen veränderbar werden. LIGNA verwandelt die Zuschauenden in Agierende. „Der neue Mensch“ aktualisiert damit die verschütteten utopischen Hoffnungen und stellt die Frage nach der Funktion des Theaters heute.

Tickets gibt´s hier.

 

© Stefan Malzkorn

© Stefan Malzkorn

30. Juni: I’MDB

„Ich copy-paste Dialoge aus Netflix in mein Leben“ (Britta Thie) – Eigentlich kann sich niemand die Mieten in den Zentren der Großstädte leisten, vor allem nicht die in flexiblen Arbeitsverhältnissen steckenden Kunstschaffenden. Doch zum Glück hat die Sharing-Economy des 21. Jahrhunderts Konzepte wie die Online-Mitwohn-Plattform Airbnb hervorgebracht. Und weil sharing caring ist, vermieten der exzentrische Modelcaster Preston und sein Mitbewohner, der überempathische Vocal-Coach Sage (Colin Self), nicht nur den Wohnraum ihres New Yorker Mini-Appartements, sondern auch ihren eigenen Lifestyle – „the Netflixication of Life“. Die Berliner Medienkünstlerin Britta Thie, medial bekannt durch die Webserie „Translantics“, unternimmt an den Kammerspielen ihren ersten Ausflug ins Theater: eine Live-Sitcom für das digitale Zeitalter – inklusive Animation, Gelächter und Kamera am Set.

Produziert von den Münchener Kammerspielen und dem ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE Creative

Tickets gibt´s hier.

 


Fotocredit Beitragsbild: © Tabea Hüberli

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