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Britta Thies “I’MDB – ein Live-Drama über die Tragik des Ratings”

Caroline Giles

Beim Betreten der Kammer 3 fällt sofort auf, wie niedrig der Altersdurchschnitt des Publikums ist – klar, denn Medienkünstlerin Britta Thies erstes Theaterstück  I’MDB – ein Live-Drama über die Tragik des Ratings spricht wahrscheinlich vor allem junge Menschen an, die berüchtigen “Twenty-Somethings”. Eine Generation, die – angeblich? – vollkommen besessen mit sich selbst und ihrem Image ist, mit Selfies, Selbstdarstellung und Selbstverliebtheit. Genau mit dieser Oberflächlichkeit, mit der Obsession, wie man wohl auf andere wirken könnte, spielt Thie in ihrer aktuellen Produktion I’MDB. Der New Yorker Modelcaster Preston und sein Mitbewohner Sage vermieten ihr hippes kleines Appartment an Touristen, die den “authentischen”, den “wahren” Flair der Kreativszene des Big Apple hautnah erleben möchten. Ihren eigenen Lifestyle vermieten die jungen New Yorker also einfach gleich mit – einen Lifestyle, der einem ewigen Kampf um Airbnb-Empfehlungen, Facebook-Likes, Twitter-Followern und Pseudo-Individualismus gleicht.

Das Spannende: das komplette Stück wird als “Live-Sitcom” inszeniert, Thie selbst führt am “Set” live Regie, die für Sitcoms so berüchtigten “Lacher” werden ebenfalls live eingespielt und verstärken so sicherlich noch den Eindruck der Absurdität, der hierbei entsteht. Wie es sich für eine Sitcom gehört, wird das Theaterstück von Kameras live vor Ort aufgenommen, denn ein Mitschnitt von I’MDB wird demnächst auf arte zu sehen sein. Kameras sind Thie jedoch nicht unbekannt, denn die Künstlerin ist auch als Model tätig, und bisher vor allem durch ihre exzellente Web-Serie Translantics bekannt. Die Mini-Serie beschäftigt sich ebenfalls mit dem Mysterium “Hipster” und geht auf subtile und scharfsinnige Art auf Fragen nach Identität, Kreativität und Erfolg ein.

IMDbSchade ist, dass dieser Scharfsinn in Thies Produktion an den Kammerspielen leider nicht so spürbar ist, wie in Translantics. Die “Hipster”-Thematik sowie der originelle Ansatz, Theater als Sitcom zu inszenieren, sind vielversprechend, aber leider kratzt das Stück selbst nur an der Oberfläche einer Problematik, die man wesentlich kritischer hätte behandeln können. Das Stück ist unterhaltsam, keine Frage, und die Mitwirkenden scheinen alle großen Spaß an der Produktion gehabt zu haben. Leider wird man aber beim Verlassen des Saals das Gefühl nicht los, dass Idee und Konzept einfach noch nicht ganz ausgereift sind, dass man mehr aus beidem hätte herausholen können. Dass Thie das Talent dazu hat, relevante und intelligente Kunst zu erschaffen hat sie in Ihrer Serie Translantics – die ich wirklich jedem wärmstens ans Herz legen würde – ja bereits bewiesen, und so kann man auf ihre nächste Produktion, ob vor der Kamera oder auf der Bühne, gespannt sein.


Bild: © Stephanie Fuessenich

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