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“Bit Rot”: Popart für das digitale Zeitalter in der Villa Stuck

Caroline Giles

“Hyperconnected Young People are Monsters”. “If you Photograph your Salad it Turns into a Ghost”. “Liking isn’t Voting”. So wird man als Besucher in Douglas Couplands Ausstellung “Bit Rot” beim Betreten des Saales begrüßt. Beidseitig ist die große Säule gleich am Eingang mit bunten, quadratischen Kacheln versehen. Ein echter Augenschmaus, der mit den unterschiedlichsten Slogans für die moderne Welt zum Nachdenken anregt. Eine Mischung aus absurden Witzen, ironischen und gesellschaftspolitischen Kommentaren, sowie Internet-Memes, die verschiedene Sichtweisen auf unsere Welt spiegeln und dem Besucher entgegenspringen.

Der Ausstellungs-Titel “Bit Rot”, das “Phänomen des spontanen und rasanten Zerfalls digitaler Daten”, kommentiert genau das: den rasanten Austausch von Informationen, Meinungen und Bildern in unserer Gesellschaft, befeuert durch das Internet. Ein Strudel aus verschiedenen Sichtweisen, der sich in immer absurderer Geschwindigkeit dreht. Die Ausstellung findet in Zusammenarbeit mit dem Witte de With Centre for Contemporary Art in Rotterdam statt, und umfasst eine Auswahl von Couplands Serien (“Slogans for the Twenty-First Century”, “CMYK Colour Registration Heads”, “50 Books I Have Read More Than Once”) sowie Werke aus seiner privaten Kunstsammlung (u.a. von Charlie White, Art Club 2000 und Richard Bernstein).

“I Have Meme-Fatigue”

Der Kanadier Douglas Coupland – der übrigens Baden-Wüttembergische Wurzeln hat – ist eine schillernde Figur, die hier in Deutschland jedoch vor allem als Autor bekannt ist. 14 Romane hat Coupland bisher geschrieben  – sein wohl bekanntestes Werk, “Generation X: Tales for an Accelerated Culture”, wurde 1991 veröffentlicht. Ein Roman, der sich vor allem mit den Auswirkungen moderner Technologien auf das menschliche Dasein beschäftigt. Diesen roten Faden nimmt Coupland auch in seinen visuellen Arbeiten immer wieder auf, und kritisiert so eine Gesellschaft, in welcher der Informations-Austausch aus dem Ruder läuft.

Bei seinem Forschungsaufenthalt am Google Cultural Institute in Paris hatte Coupland die Idee, eine App zu entwickeln, die Menschen im Prinzip auf einen puren Algorithmus reduziert – ein Vorschlag, der bei Google seltsamerweise auf wenig Anklang stieß. Dass Coupland auch seit Jahrzehnten als bildender Künstler tätig ist, wird vielen Deutschen jedoch neu sein. Bereits als Kind interessierte sich der junge Coupland für die Popart-Bewegungen Warhols, Lichtensteins und Rosenquists – eine Passion, die ihn bis heute begleitet, und deren Einfluss in seinen eigenen künstlerischen Werken mehr als nur subtil zu spüren ist.

“Sorry, I Got Lost in a Youtube Kitten Warp”

Coupland’s “Bit Rot” ist ein Mosaik aus Fotografien, Gemälden, Installationen. Auf unterschiedlichste Arten vermittelt er so Gedanken zu kontemporären Thematiken, von der Popkultur über soziale Medien bis hin zum Terrorismus. Die Ausstellung ist visuell hoch interessant, verspielt und humorvoll. Die Reaktorkatastrophe von Fukushima wird intelligent und bedrückend kommentiert (von “Consumerism Seems Fun” über “Heavenly Glow” zu “Number of Players = Zero”), QR-Codes werden zu minimalistischen Meisterwerken, Perücken hinter Glas zu bizarren Anschauungsobjekten.

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Ein absolutes Highlight (und Publikums-Magnet) ist Couplands Installation “The Living Internet”, in welcher er versucht das World Wide Web als dreidimensionale, mobile Welt darzustellen. Konkret bedeutet das, dass in einem separaten Teil der Ausstellung motorisierte Skulpturen, (u.a. Putins Kopf, eine Atompilz und – wie könnte es anders sein – eine Katze) sich frei und vollkommen willkürlich im Raum bewegen. Das chaotische Spektakel ist befremdlich aber auch seltsam hypnotisierend – als Katze und Atompilz beispielsweise unvermittelt ineinander krachen, kann man ein deutliches Raunen unter den gebannten Zuschauern vernehmen.

 

Vom 29.09.2016 bis 08.01.2017 könnt ihr Couplands Pop Art für das digitale Zeitalter in der Villa Stuck besichtigen!

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