Andreas Ruby
Aktuell, Kunst

“Urban Trimm Dich!” – Mitten in der Stadt

Leonie Meltzer

Heute am Sendlinger Tor: Mitten in der Stadt klettert ein Mann mit blauem Pulli auf Steinen neben der Asamkirche rum. „Was macht der denn da?“ Ein anderer Mann hält ein blaues Schild hoch, mit der Aufschrift „Parcours 09 Kletter Max“. „Ist das nicht gefährlich?“ Sieht etwas waghalsig aus das Ganze… Ein älteres Ehepaar kommt aus der Kirche und ermahnt die beiden, es handle sich hier um eine Kirche, man solle den Platz auch entsprechend respektvoll behandeln.

Doch genau diesen gesellschaftlichen Konventionen wollen die beiden Männer entgegen wirken. Sie wollen bewusst irritieren. Es handelt sich um den Konzeptkünstler Alexis Dworsky und den Parkoursportler Andreas Ruby. Ihr Ziel: Kunst und Parkour verbinden durch Zweckentfremdung der Stadt. Dworsky bedient sich bei Elementen des Parkour-Sports und interpretiert so Objekte im öffentlichen Raum ganz anders, als es Passanten normalerweise tun würden. „Kunst hat viel mit rausgehen zu tun, die Welt entdecken, Welt anders interpretieren“, sagt Dworsky. Mit ihrem „Urban Trimm Dich!“-Projekt wollen die beiden dazu anregen, den urbanen Raum aus einem anderen Blickwinkel wahrzunehmen und die Stadt neu zu entdecken. „Andere Sachen machen als die, die man machen soll, oder machen darf. Das geht ganz einfach, mitten in der Stadt,” sagt Dworsky. Parkour-Übungen gibt es schon in der Stadt, sie müssen nur erkannt und genutzt werden.

So verweist das Projekt ebenso auf die zunehmende Kommerzialisierung des privaten Lebens. Mit frei zugänglichen Trimm-Dich-Pfaden soll das bisherige Konsumverhalten überdacht werden. Für Sport benötigt es kein Fitnessstudio mehr – eine Parkbank oder gar eine Einkaufstüte beispielsweise, können ganz einfach umfunktioniert werden. Natürlich sind die Parkour-Übungen in der City nicht so schwer wie diese hier:

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„Kunst im Freiraum ist nie neutral“…

…sagen der Künstler und der Klettermax. Bei „Urban Trimm Dich“ werden auch immer die Passanten mit angesprochen. Das wird schnell deutlich, wenn sich ein Ehepaar darüber beschwert, dass die Kirche kein Ort zum Klettern ist, oder wenn eine Lockerung der Nackenmuskulatur vor einem AfD-Plakat einen völlig neuen Kontext der Objekte im urbanen Raum schafft.

Gesellschaftlichen Mustern entspringen. Kreativ sein. Neue Ideen anregen. Sich vom normalen Straßenleben distanzieren. Nicht alles in Watte packen. Regeln brechen – All dies und mehr vereint „Urban Trimm Dich“; und deshalb wurde es ausgezeichnet mit dem Kunstpreis Zwei:Eins.

Der Kunstpreis Zwei:Eins

Das Netzwerk “Zwei Disziplinen, eine Idee, Zwei:Eins, der Münchner Preis für Kunst” zeichnet seit dem vergangenem Jahr jährlich Münchner Künstler aus, deren Projektideen aus dem Bereich der bildenden Kunst stammen und mit einer anderen, außerkünstlerischen Disziplin zusammenarbeiten. Daher auch der Name des Preises: “Zwei:Eins”.

Er ist dotiert mit 12.000 Euro. Bewerbungen sind nicht möglich. Die Mitglieder des Netzwerks, welche Vertreter aus renommierten Museen oder Galerien sind, reichen Vorschläge ein. Es folgen Juryrunden und weitere Ausschlussverfahren.
Dieses Jahr geht Zwei:Eins an „Urban Trimm Dich“, da es Performance und Sport mit Interventionen im urbanen Raum vereint.


In aller Kürze:
Was? Urban Trimm Dich!”
Wo? Überall, wo es die passende Objekte gibt!
Preisverleihung des Kunstpreises Zwei:Eins: Am 17. November 2016, 19 Uhr in der Whitebox
Ausblick: Im März 2017 gibt es eine Ausstellung der
Preisträgerin 2015 Judith Egger 


Fotos:
©Leonie Meltzer

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