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Geschwister-Scholl-Preis setzt Zeichen gegen Syrienkrieg

Jan Rauschning-Vits
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Der Geschwister-Scholl-Preis ist eigentlich ein kleiner Preis. Er ist nur mit 10.000€ dotiert und findet außerhalb Münchens wenig Aufmerksamkeit. Doch es ist ein wichtiger Preis und in seiner historischen Bedeutung und Ehre mit wenig vergleichbar.

Benannt nach den größten Widerstandskämpfern der Ludwigs-Maximilian Universität, trägt er schon im Namen ein Versprechen. Es ist die Verheißung, dass am Ende alles gut sein wird, selbst wenn der Preisträger selbst nicht mehr da sein wird, wie es auch bei den Geschwister Scholl und der weißen Rose war.

 

Mutig aufzustehen gegen Unrecht und es so vielen Leuten wie möglich zu zeigen – das ist der Geist der Geschwister Scholl.

In diesem Jahr, heute am 21.11., hat ihn die Französin Garance La Caisne entgegen genommen. Sie wurde geehrt für ihr Buch mit dem Namen „Codename Caesar. Im Herzen der syrischen Todesmaschinerie“. Darin interviewt sie den Fotografen, dessen aus Syrien geschmuggelte Fotos beweisen, dass das Assad-Regime Menschen tötet und foltert. Viele Menschen.

Der Tod von 6.800 Menschen konnte durch den Mann, der sich „Caesar“ nennt, bewiesen werden. Das sind die ersten unumstößlichen Beweise für den staatlichen Schrecken in Syrien.

 

Es scheint, als habe die Jury in dem neuerdings als „postfaktisch“ bezeichneten Zeitalter einer außergewöhnlichen faktenreichen Arbeit die Ehre erweisen wollen. 

Bei der Pressekonferenz findet der Vorsitzende des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Michael Then, große Worte für die Journalistin, die Monate lang nach dem Fotografen mit dem antiken Decknamen suchte. La Caisne selbst sieht dabei etwas verlegen drein.

Die Fragen der Journalisten drängen in die unausweichliche Richtung: Der Krieg in Syrien und der Umgang der internationalen Gemeinschaft mit dem brodelnden Bürgerkrieg. La Caisne spricht sich gegen Interventionen aus, fordert aber im gleichen Atemzug die Achtung und Durchsetzung des Rechts. Ihre Forderungen klingen hohl – jeder im Raum weiß, dass es keine Antwort gibt.

Sie redet über die Patt-Situation im UN-Sicherheitsrat, wo Russland und China eine Anklage Assads vor dem internationalen Kriegsverbrechertribunal verhinderten und über ihre Hoffnung, dass der Krieg einmal endet und die Beweise „Caesars“ dann Gerechtigkeit schaffen werden.

 

La Caisnes Arbeit ist wichtig, vor allem für die Dokumentation des Massenmords, damit irgendwann vielleicht einmal jemand dafür verurteilt werden kann. Im Moment ist dieser Krieg so verfahren und polarisiert, dass sich nichts bewegt. Interventionen von ausländischen Mächten, Russland und USA in erster Linie, haben nichts verbessert. Würden Bodentruppen einer internationalen Friedenstruppe etwas ändern können? Können wir das wollen? Sind Interventionen das richtige Mittel, oder überlässt man Syrien sich selbst, um kein zweites Irak zu erleben? Wie hilft man Syrien, ohne töten zu müssen, ohne selbst aktiv in den Krieg einzugreifen?

Es gibt keine Rezepte mehr für den Nahen Osten. Es gibt nur noch Ratlosigkeit. Christoph Reuter, der am Abend die Laudatio auf La Caisne sprach, hätte es nicht besser ausdrücken können, als er sagte:

„…das Morden, das systematische Auslöschen Abertausender in Syriens Gefängnissen, es geht weiter, ungestört, während wir hier sitzen, geht es weiter, einfach weiter.“

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