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Das ist Kunst und das kann weg (4): Mathilde Bundschuh im Interview

Juliane Becker

Mit ihren zarten 22 Jahren kann Mathilde Bundschuh schon auf eine zehnjährige Schauspielkarriere zurückblicken: fünf Jahre lang spielte sie in der KIKA-Reihe KRIMI.de mit, schaffte 2010 mit “Tage die bleiben” den Sprung auf die Kinoleinwand und holte 2015 dank “Das Ende der Geduld” den Deutschen Schauspielerpreis in der Kategorie “Starker Auftritt”. Jetzt ruft die Bühne: seit der neuen Spielzeit ist sie festes Ensemblemitglied am Residenztheater. Ihre Heimat ist eigentlich good old Berlin, für das Engagement am Resi ist sie aber kürzlich nach München gezogen. Auch, wenn sie sich, wie sie selbst sagt, noch nicht so gut auskennt, hat sie die Location für das Interview treffsicher ausgewählt: es ist das Café Baader im Glockenbachviertel. Passenderweise hängt an der Wand neben uns dasselbe Bild, das auch den Resi-Spielplan der aktuellen Spielzeit ziert.

Du bist seit der Spielzeit 16/17 am Resi – wie gefällt dir das bisher?

Ich fühle mich unglaublich wohl unter den Kollegen, sie haben mich alle mit offenen Armen empfangen. Die Stadt mag ich auch sehr gerne! Vor allem im Winter kann München viel mehr als Berlin. Sonnenschein, zum Beispiel.

Warum bist du ausgerechnet in München gelandet? Wolltest du unbedingt ans Resi?

Auf jeden Fall, aber so einfach ist das ja dann leider doch nicht. Alle Absolventen von Schauspielschulen zeigen ihr letztes großes Vorspiel, zu dem dann die Intendanten der Schauspielhäuser erscheinen können – aber zu uns nach Rostock kommt halt niemand. Deshalb sind wir innerhalb von einer Woche nach Berlin, Neuss und München gefahren und haben vor Ort vorgesprochen. In München saß Andrea Koschwitz dabei, eine Dramaturgin vom Resi. Max Koch und ich sind dann engagiert worden.

Du bist mit 22 Jahren eine der Jüngsten im Ensemble. Ist das ein komisches Gefühl?

Am Anfang vielleicht ein bisschen, aber die Kollegen haben das sehr schnell wieder verschwinden lassen. Ich bin hier, weil ich lernen möchte – und das tue ich gerade. Ich werde unglaublich gefordert und auch überfordert, und das tut mir sehr gut.

Was hast du denn schon gelernt?

Eine gedankliche Wachheit, die man benötigt, um einen Text lebendig zu machen.

Gab es für dich jemals eine Alternative zum Schauspielerberuf?

Ich wollte früher mal Affenforscherin werden, ja. Wie Jane Goodall mit Affen im Dschungel leben. Aber das war wohl leider keine ernstgemeinte Idee (lacht).

Du hast bisher vor allem in Film und Fernsehen mitgespielt. War dein Engagement am Theater eine große Umstellung?

Das war auf jeden Fall eine Umstellung für mich, aber jetzt habe ich Blut geleckt. Natürlich möchte ich aber weiterhin beides unter einen Hut bringen, falls das irgendwie geht.

Bisher scheint das ja zu gehen: am 26. Dezember spielst du im Weihnachts-Tatort mit. Ist da ein gewisser Druck dahinter? Immerhin werden den ja eine ganze Menge Leute sehen.

Ein bisschen auf jeden Fall. Ich weiß ja sehr genau, wie das an den Weihnachtsfeiertagen läuft: Da liegen alle gut gesättigt auf dem Sofa und machen den Fernseher an. Und dann ist da der Tatort. Nee, ich bin in erster Linie gespannt, wie er ankommen wird. Es kann sein, dass das Thema für die Weihnachtszeit für manche Zuschauer etwas zu hart ist.

Tatort

Anuscha Dablika (Cosmina Stratan, rechts) trifft ihre Schwester Tida (Mathilde Bundschuh) im BR-Weihnachtstator Klingelingeling.

Nochmal zurück zum Theater: Gerade laufen die Proben zu Macbeth, inszeniert von Andreas Kriegenburg. Wie gefällt es dir, mit Klassikern zu arbeiten?

Ich bin ein großer Freund von antiker und klassischer Dramatik und finde es großartig, dass diese Stücke immer noch gespielt werden. Mit Andreas Kriegenburg zu arbeiten ist natürlich auch total spannend. Er hat eine sehr genaue Vorstellung davon, wie er etwas auf der Bühne sehen möchte und wie mit dem Text umgegangen werden soll.

Aktuell sprechen viele von einer Krise. Jetzt steht Matthias Lilienthal unter Feuer, aber in der letzten Spielzeit gab es auch am Resi einen kleinen Skandal, als Shenja Lacher kündigte.

Wenn Menschen im Theater eine Krise sehen wollen, dann werden sie sie auch sehen. Ich habe das Gefühl, die ganze Situation wurde von den Medien auch ziemlich aufgebauscht. Shenja Lacher hat seine eigene Sicht auf die Dinge und wir haben im Ensemble viel darüber gesprochen und wurden uns nochmal bewusst, wie gut es uns am Resi geht.

Zum Schluss noch eine vielleicht gar nicht mal so einfache Frage: Warum spielst du Theater?

Ich denke, dass es für mich persönlich ein Ventil ist, um mit der Welt besser klarzukommen. Und wenn dann Leute im Theater sitzen, deren Welt dank der Welt, die ich mit meinen Kollegen auf der Bühne erschaffe, ein bisschen besser wird, dann ist das ein riesiges Geschenk.

Vielen Dank für das Interview!


Mathilde ist zur Zeit in folgenden Produktionen zu sehen:
im BR-Weihnachtstatort am 26.12. (20.15 im Ersten) und in Robin Hood am Resi (das nächste Mal am 26.12.)

 

 

© Beitragsbild: 2016 stefan klüter

© Bild im Text: Bayerischer Rundfunk / ARD Degeto/BR/Bavaria Fernsehproduktion GmbH/Peter von Haller 21962-273-12

 

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