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Die Neue Münchner Welle – Felix Krull geht baden

Bereits seit mehr als 30 Jahren sind die Surfer von München umtriebig. Dabei haben sie sich einen gewissen Ruf erworben. Wer als Unbekannter an der Eisbachwelle auftaucht, wird zunächst eher kritisch beäugt. Legendär sind auch die Geschichten von Walter Strasser, Architekt der Welle und ehemaliger “Hausmeister vom Eisbach”. Bei ihm gab’s schonmal ein Brett mit Nachdruck auf den Fuß gestellt. Walter Strasser ist mittlerweile nach Sardinien ausgewandert und baut dort Didgeridoos, die strikten Regeln aber sind geblieben. Eine davon lautet “Keine Anfänger”. Die hat ihren Ursprung in einer stillschweigenden Übereinkunft mit der Stadt, die den Surfbetrieb erlaubt, solange es keine schweren Unfälle gibt.

“Ich surfe nackt im Eisbach, nachts auf ner Magnum Schampus”

Mithin war es nicht gerade verwunderlich, dass es zu Reibereien am Bachrand kommen könnte, nachdem Felix Krull—Rapper mit Aspirationen zum Musiker—Anfang Januar ankündigte, nackt auf dem Eisbach surfen zu gehen. Ursprünglicher Anlass war die SZ Junge Leute Abstimmung zur Band des Jahres 2016, die jedoch annulliert werden musste, weil mehrere hundert Fake-Profile zum Einsatz kamen. Felix hat sich dem schwierigen Genre Münchner Schickeria-Rap (think Aggro Grünwald gepaart mit ein paar “Hurensohn”) [1] verschrieben. Hart verdientes Brot also, weshalb man ihm die fünf Minuten Internetfame durchaus gönnen möchte.

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Hier die Action in voller Länge (via FB)

Bajuwarische Surfkultur prallt auf Bussibussi-Rap

Die hat er schließlich auch bekommen, wahrscheinlich aber ein wenig anders als sich manch eine(r) erhofft hatte. Statt heroisch mit schlackerndem Gemächt ein paar Turns auf der Welle darzubieten, gab es einen fünfzehnminütigen, tätlichen Austausch der gegensätzlichen Positionen. Ein Anzugsträger wurde nass gemacht. Währenddessen wurde sich auf Facebook in den Kommentaren zum Live-Feed auf vorzügliche Weise beleidigt. Die Anhänger des Weinschorlen-Rappers betitelten die neoprengewandeten Helden der Welle mit “Eisbachnazis”, was insofern wunderbar ironisch ist, da Felix in seinen Songs auf recht durchschaubare Weise gerne mal den rosa Hitler gibt oder in Zipfelmützenhoodies “Klo-Koks-Klan” singt.

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Doch kein Shaka oder was?

Doch der Ironieschleifen nicht genug. Denn eigentlich war es von Anfang an offensichtlich, dass neben dem guten Geschmack auch die Welle kein vertrautes Gewässer für den Rapper ist. Dementsprechend kurz war auch das Surfvergnügen (zwei Sekunden). Hätten die grantigen Surfer ihn also einfach mal machen lassen, wäre der Wirbel, den sie ihm nicht gönnen wollten, wahrscheinlich sehr viel kleiner ausgefallen.

Summa summarum also eine Episode aus dem Münchner Stadtleben, wie sie schöner nicht sein könnte. Wo sonst können sich schon Surfer und Guck-ich-reib-an-der-Nebukadnezar-Rapper gegenseitig schubsen? Eine Enttäuschung bleibt natürlich, wie eine Kommentiererin zutreffend konstatierte: “Ich dachte es ist ganz nackt und ich seh mal Penis” – tja, vielleicht das nächste Mal..


[1] Krull selbst bezeichnet den Stil als ‘KITSCH’

Beitragsbild: Joe Mania/KITSCHGANG

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