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Black Boy Fly – “Moonlight” im Kino

Thomas Empl

Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass Barry Jenkins’ Film Moonlight mit dem selben Musikstück beginnt wie Kendrick Lamars Album „To Pimp a Butterfly“: „Every N*** is a Star“ von Boris Gardiner. Beide erzählen vom black struggle, von Selbstverwirklichung im Angesicht von Kriminalität und Armut in den USA. Doch während Kendrick seine Erfahrungen in größere Kontexte (Schwarz und Weiß, arm und reich) stellt, erzählt Moonlight eine durch und durch persönliche Geschichte.

Der Drogendealer Juan (Mahershala Ali aus House of Cards) findet einen kleinen Jungen in einem verlassenen Haus: Chiron ist von zu Hause weggelaufen, seine Mutter (Naomie Harris) ist drogensüchtig, die anderen Jungs verprügeln ihn – Chiron ist extrem schweigsam und wahrscheinlich schwul. Moonlight folgt ihm durch sein Leben, zeigt ihn als Kind, Jugendlichen und Erwachsenen.

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Die drei Episoden bauen intelligent aufeinander auf. Man merkt dem Film seine Theaterherkunft an (er basiert auf dem Stück In Moonlight Black Boys Look Blue): Fast jeder Konflikt folgt aus dem gesprochenen Wort oder der Mimik der Schauspieler. Chiron redet nicht viel, aber fast jeder Satz, der gesagt wird (oder eben nicht gesagt wird), hat Gewicht. Die Bedeutung dessen, was in der Vergangenheit ausgesprochen wurde, ist allzeit in den Gesichtern spürbar und steigert sich von Kapitel zu Kapitel. Kurz vor Schluss gibt es eine Stelle, in der alles kulminiert – eigentlich ist es nur ein einziger Satz – und es bleibt einem die Spucke weg.

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Anders als in vielen zeitgenössischen Filmen, die in schwarzen Communities spielen (etwa auch gerade im Kino: Hidden Figures und Fences), geht es in Moonlight nur indirekt um Rassismus. Vielmehr stehen – wie bei Kendrick Lamar am Ende auch („The Blacker the Berry“) – interne Probleme und Konflikte im Fokus: hier die Intoleranz Homosexuellen gegenüber, der sich Chiron sein ganzes Leben lang ausgesetzt fühlt und der er unterschiedlich gegenübertritt. Wie einfühlsam und weise Moonlight diesen Kampf eines jungen Menschen einfängt, ist meisterhaft.

Moonlight hat drei Oscars gewonnen: Bester Film, Bester Nebendarsteller (Mahershala Ali) und Bestes adaptiertes Drehbuch. Alle drei wohlverdient. Kinostart ist der 09.03.2017.

Trailer:

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Foto-Credit: © A24 / DCM

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