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wolkenschlösser: Integration durch Spaß an der Sprache

Beamtendeutsch ist manchmal ein Buch mit sieben Siegeln. Das gilt für Einheimische und noch viel mehr für geflohene Menschen, die in den letzten Jahren zu uns nach München gekommen sind. Wie aber vermittelt man Spaß an der Sprache, gilt sie doch als Grundpfeiler einer gelungen Integration?

In München hat sich 2014 um Sebastian Planck die Organisation wolkenschlösser gegründet. Ihr Ziel: Den Spaß an der Sprache zu fördern und zwar durch Geschichtenerzählen. Sebastian und Anni von wolkenschlösser haben uns in der Redaktion besucht.

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Was denkt ihr wenn ihr Flüchtlingskrise hört?

Sebastian: In meiner Arbeit und auch als promovierter Literaturwissenschaftler ist mir Sprache natürlich sehr wichtig. Die Worte Flüchtlingswelle oder gar -krise vermitteln immer den Eindruck, dass sie naturgegeben sind und dass man als Einzelner nichts tun kann. Doch das Gegenteil ist der Fall. Jeder kann etwas dazu beitragen, dass diese Menschen nun wenigsten hier gut ankommen und integriert werden.

Wie kam es zur Gründung von wolkenschlösser?

Sebastian: Es war eigentlich eine Art Reflex. 2014 bin ich gerade fertig geworden mit meiner Diss und wollte möglichst nichts mehr damit zu tun haben. In der Zeit haben sich auch sehr viele andere Flüchtlingshilfen gegründet, von denen ich gehört habe. Natürlich habe ich mir dann auch überlegt, wie ich am besten helfen kann und was ich am besten kann. Ja, und das ist bei mir eben die Sprache.

Und dann stand schon das gesamte Konzept?

Sebastian: Nein, noch nicht ganz. Mit Hilfe des Kieler Ideenwettbewerbs yooweedoo formte sich dann langsam die konkrete Idee für wolkenschlösser. Dafür drehten wir sogar ein Imagevideo und ich fing an, Workshops an der SchlaU-Schule zu geben. Mein Fokus lag vor allem auf einer spielerischen Sprachvermittlung und damals hatten wir die Idee, einen Comicworkshop zu machen. Das war dann auch der Punkt, als Anni dazukam.

Anni: Ja eigentlich auch eine schöne Geschichte, wie wir uns damals kennen lernten. 2014 machte ich meinen Abschluss in Kommunikationsdesign und gestaltete einen Graphic Novel über die Flucht meiner Großmutter. Den habe ich dann in einer Buchhandlung hier im Westend ausgelegt und bin mit dem Besitzer ins Gespräch gekommen, da ich außerdem Bücher über Workshops suchte. Die Bücher hatte der Buchhändler nicht, allerdings rief er einige Tage später an und meinte, dass Sebastian vor ihm stehen würde und der etwas Ähnliches macht wie ich. Er verband uns und so kam ich letzten Endes zu wolkenschlösser.

Wie arbeitet ihr seitdem?

Anni: Für uns ist eine nachhaltige Sprachvermittlung wichtig. Deutsch lernen soll Spaß machen und abseits vom reinen Vokabel- und Grammatikpauken passieren. Das kann nicht nur über Comic-Workshops funktionieren, sondern auch über Musik oder Gedichte. Diese kreative Herangehensweise soll jungen Migranten helfen, ihre oft traumatischen Erlebnisse der Flucht spielerisch zu verarbeiten, ohne sich damit konfrontiert zu fühlen.

Das heißt ihr gebt die Workshops nach wie vor an der SchlaU-Schule?

Sebastian: Nein nicht nur. Oft sind es Lehrer von Übergangsklassen, die uns anschreiben. Dort haben wir dann meistens nur eine Doppelstunde, was allerdings eine echte Herausforderung ist. Besser wäre es, mit den Jugendlichen mehr Zeit zu haben. Und deshalb suchen wir gerade auch wieder Räumlichkeiten.

=> Also, wenn jemand jemanden kennt, der etwas weiß!!!

Wie finanziert ihr euch?

Anni: Wir sind immer auf der suche nach spendablen Mäzenen, das wäre eigentlich die beste Lösung. Aber Spaß beiseite, gerade haben wir uns als Verein gegründet und können somit Spenden annehmen. Momentan finanzieren wir uns allerdings noch hauptsächlich über Preise und Förderungen wie zum Beispiel vom Kulturreferat. Außerdem arbeiten alle unsere Mithelfer natürlich hauptberuflich noch, um sich ihr Leben hier zu finanzieren.

Wie kann man bei wolkenschlösser mitmachen?

Sebastian: Man sollte einfach Spaß daran haben, Dinge weiter zu geben und Freude an der Arbeit mit Jugendlichen. Dabei ist es ganz egal, welchen Background man hat und aus welchem Bereich man kommt. Film, Musik, Gedichte schreiben – jeder der etwas kann, soll Kontakt zu uns aufnehmen.

Wie viele seid ihr gerade?

Anni: Momentan helfen bei uns 10-15 Menschen zwischen 23 und 35 Jahre mit. Darunter Autoren, Übersetzer, Lektoren, Lehrer, sowie andere kreativ-schaffende Menschen, denen es am Herzen liegt, ihre Liebe zu Geschichten in jeglicher Form weiterzugeben.

Wo kann man euch nächstes Mal sehen und euch kennenlernen?

Sebastian: Am 23. März ist in den Kammerspielen wieder das Welcome Cafe. Dort kann man uns kennenlernen! Und wie gesagt, wenn jemand einen Raum erübrigen kann: wir sind auf der Suche!


Fotos: © wolkenschlösser, Video: Mucbook

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