Anzeige, tagebook des Museum Fünf Kontinente

Sonderausstellung „Shaded Memories. Der Schatten über Kambodscha. Fotografien von Ann-Christine Woehrl”

Museum Fünf Kontinente

„Heute haben wir auch 160 Kinder getötet von insgesamt 178 Gegnern“. Diese Anmerkung enthält ein Bericht des Oberbefehlshabers des Tuol Sleng-Gefängnisses mit Einzelheiten über die hingerichteten Gefangenen. Bei der Ankunft in Tuol Sleng wurden die Gefangenen fotografiert und mussten detaillierte biographische Angaben machen, beginnend mit ihrer Kindheit und endend mit ihrer Verhaftung. Dann wurden sie gezwungen, sich auszuziehen und ihr Hab und Gut wurde beschlagnahmt. Danach wurden die Gefangenen in ihre Zellen gebracht.

Das Tuol Sleng-Gefängnis war vorher die Tuol Svay Pray High School am Rande von Phnom Penh in Kambodscha. 1976 wurde die Schule von den Roten Khmer in „S-21“ umbenannt und in ein Folter-, Verhör- und Exekutionszentrum umgewandelt. Von 14.000 Menschen, die in das S-21 eingeliefert worden sind, überlebten nur sieben. Seit 1979 ist das Gefängnis ein Museum, das Tuol Sleng Genocide Museum.

 

(1) „Heute haben wir auch 160 Kinder getötet von insgesamt 178 Gegnern“ // (2) Bei der Ankunft in Tuol Sleng wurden die Gefangenen fotografiert und mussten detaillierte biographische Angaben machen // (3) Das Eingangstor zum ehemaligen Tuol Sleng-Gefängnis // (4) Das Gebäude D des Tuol Sleng-Gefängnisses spiegelt sich in einer Pfütze. In ihm werden heute die Folterinstrumente aus der Zeit der Roten Khmer aufbewahrt. // (5) Die Korridorflucht im Zellenblock C mit den nebeneinander liegenden kleinen Zellen links und rechts.

Seit 17. Februar zeigt das Museum Fünf Kontinente mit „Shaded Memories. Der Schatten über Kambodscha. Fotografien von Ann-Christine Woehrl“ eine neue Sonderausstellung und widmet sich damit in Deutschland erstmals den Spuren der dunklen Vergangenheit Kambodschas.

1975 begann der Diktator Pol Pot (1925/28–1998) seine Vision von einer klassenlosen Agrargesellschaft mit aller Gewalt und Brutalität umzusetzen. Die Folgen seiner Politik waren verheerend und zeigen bis heute Auswirkungen auf eine noch immer traumatisierte Bevölkerung. Zwischen 1975 und 1979 starben fast zwei Millionen Menschen – ein Viertel der Bevölkerung Kambodschas. Sie wurden ermordet, verhungerten oder erlagen Krankheiten und Erschöpfung. Wer Bücher besaß, Lesen konnte, eine Fremdsprache beherrschte oder eine Brille trug, galt als Intellektueller und wurde verhaftet und getötet. Am Ende der Schreckensherrschaft der Roten Khmer gab es in Kambodscha noch 30 Lehrer. Das ist die traurige Bilanz eines der größten Genozide des 20. Jahrhunderts.

Die Münchner Fotografin Ann-Christine Woehrl reiste von 2013 an mehrmals nach Kambodscha. Sie besuchte das ehemalige Gefängnis S-21 in Phnom Penh, zahlreiche der sogenannten Killing Fields sowie das seit 2006 eingerichtete UN-Tribunal zur Ahndung dieser Verbrechen – Orte des Grauens und der ersten, vorsichtigen Aufarbeitung. Woehrls Dokumentationen dieser Stätten sind beklemmende Zeugnisse unfassbarer Ereignisse.

Begleitet wird die Ausstellung von Kunstwerken der Südasien-Abteilung des Museums.

17. Februar bis 17. September 2017


Fotos: © Ann-Christine Woehrl/Echo Photo Journalism

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