Kultur, Live

Air in München – zu wenig Langeweile

Sebastian Gierke
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Die französischen Wattepopper Air waren in München – doch irgendetwas hat nicht gestimmt. Gar nicht leicht, herauszufinden, wo das Problem lag.

Immerhin: Die Hemden, noch strahlend weiß, müssen nicht in die Wäsche nach dem Konzert. Nicolas Godin und Jean-Benoit Dunckel verlassen die Bühne mit einer kurzen, förmlichen Verbeugung. Air haben ein Konzert gespielt.

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Und irgendwie hab ich ein ungutes Gefühl: irgendetwas ist schief gelaufen an diesem Abend in der fast vollen Tonhalle. Ich hab lange überlegt.  Es ist gar nicht leicht herauszufinden, was es war. Die beiden französischen Retrofuturisten haben viele ihrer alten Hits gespielt, die Air-typische, tröstende Melancholie wehte durch die Halle, die Lichtprojektionen auf dem Bühnenhintergrund passten zur Musik…

Stopp, Stopp, stopp. Da haben wir es ja! Denn eigentlich muss doch genau anders herum sein bei Air. Die Musik muss zu den Projektionen passen, sie darf sich doch nicht in den Vordergrund drängen. Air haben seit ihrem Durchbruch vor zwölf Jahren, seit dem legendären Album „Moon Safari“, in ihren besten Momenten ein Lebensgefühl untermalt, das sich vielleicht am besten als erhabene Tristesse beschreiben lässt, in den schlechteren gute Filmmusik geschrieben. Die Musik war aber immer jeder Erdenschwere enthoben, schien immer im Verwehen begriffen, strahlte gepflegte Mattheit aus, völlig körperlos, hübsch und ereignisarm, getragen von wattierten, zeitlupenartigen, schwebenden Melodien.

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Doch für ihr aktuelles Werk „Love 2“ haben Air einen Schlagzeuger engagiert: Joey Waronker, der auch schon die verzerrten Gitarren von Beck oder The Smashing Pumpkins mit rumpelnden Beats begleiten durfte, ist auch live dabei. Und wie auf der Platte, erdet Waronker (im schwarzen Hemd!) die Musik auch live, er beschmutzt sie, verleiht ihr zu viel Gewicht, zu viel Druck. Und plötzlich verlangt die Musik Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit die sie gar nicht nötig hat, sie nicht verdient. Ganz klar was das ungute Gefühl verursacht hat: Das Air-Konzert war einfach nicht langweilig genug. Immerhin, die Hemden blieben sauber. Das wäre ja auch noch schöner gewesen: Schweiß bei Air!

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