Leben

Tabellenführerparty zum Jubiläum

Sebastian Gierke
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Es hat lange gedauert, bis die Bayern wieder da standen, wo sie ihrer Meinung nach hingehören. An die Spitze der Tabelle.  57 Spieltage hat es gebraucht – und dann kam Ribéry.

Die Organisatoren dieser Party hatten alles, wirklich alles richtig gemacht. Ein Bundesligaklassiker stand an: FC Bayern München gegen den Hamburger SV, der Nord-Süd-Gipfel. Viele Niederländer waren da, die ja ausgelassen feiern können. Auch eine Delegation aus Argentinien mit Nationaltrainer Diego Maradona war angekündigt und auch der ist ja bekannt dafür, zu wissen, wo ein großes Fest steigt. Die Tabellenführung sollte es sein und herausgeputzt hatte man sich auch in München, eine gewaltige Choreographie in Rot-Weiß schmückte bei Spielbeginn die Südkurve des Stadions.

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Da ließen sich dann auch die Spieler des FC Bayern nicht lumpen. Franck Ribéry war es, der mit einer feinen Einzelleistung den 1:0 Sieg gegen die Hamburger und die Tabellenführung herausschoss und damit den Startschuss für ein großes Fest gab, ein Fest für den FC Bayern München, der exakt vor 110 Jahren gegründet wurde – und das bis Saisonende anhalten könnte, so die Befürchtung der Konkurrenz. „Franck Ribéry hat das Spiel entschieden“, sagten beide Trainer nach Schlusspfiff einmütig. Und dass es „sehr ausgeglichen gewesen ist“. Louis van Gaal fügte noch an, dass er jetzt sein Geld auf den FC Bayern setzten würde in der Bundesliga, müsste er wetten. Der HSV verabschiedet sich dagegen aus dem Meisterschaftsrennen. Dabei waren sie vor dem Spiel noch so zuversichtlich gewesen, als einzige Bundesligamannschaft, die in der Münchner Arena noch nicht verloren hatte. Jetzt hat der HSV 12 Punkten Rückstand auf den neuen Tabellenführen aus München.

Lange hatte es gedauert, bis die Bayern den Platz, den sie ja eigentlich immer für sich reklamieren, wieder einnehmen konnten: 652 Tag, 57 Spieltag waren die Bayern nicht mehr oben gestanden, jetzt endlich war es soweit: mit zwei Punkten Vorsprung auf die Startrekordler von Bayer Leverkusen, die diese Saison noch nicht verloren haben. Gefeiert wurde der Sieg und das Jubiläum mit elf Böllerschützen und einem Feuerwerk: „Mia san Mia“ haben sie da in Gold auf das Spielfeld geballert.

miasanmia

Doch von Feuerwerk, von lockerer Ballerei, von „Mia san Mia“, war während des Spiels lange nichts zu sehen. Dabei mühten sich die Bayern um Revanche für das Hinspiel in Hamburg, als sie zum letzten Mal in dieser Saison verloren, 0:1. Damals konnte man 90 Minuten Rasenschach für Fortgeschrittene bewundern, am Sonntagabend in München ließ man vor 69.000 Zuschauern die taktischen Zügel nicht schleifen, aber doch etwas lockerer. Die Bayern stürmten immer wieder vor allem über die gut aufgelegten Arjen Robben und Franck Ribéry nach vorne, doch zu selten fanden sie vor dem Tor einen, der die Geschenke zum Fest auch annahm. Thomas Müller, der 20 Jahre alte Jungstar des FC Bayern, der am Mittwoch in der Münchner Arena sein Debüt in der Nationalelf im Spiel gegen Argentinien geben könnte, vergab die größte Möglichkeit in der ersten Hälfte, als er in der 13. Minute von Bastian Schweinsteiger großartig freigespielt wurde, doch freistehend den Ball über das Tor und den herauseilenden Frank Rost lupfte.

Es fehlte lange die Durchschlagskraft, die Lockerheit einer ausgelassenen Feier. Man kämpfte sich durch das Jubiläumsspiel. Und die Hamburger verstanden sich gut auf ihrer Rolle als Partyschreck, verdarben den Münchner langen den Spaß, verschoben gut. Vor allem der ehemalige Münchner Ze Roberto machte defensiv ein starkes Spiel und Mladen Petric sorgt immer wieder für Gefahr vor dem Bayern Tor.

Bei so zähen Kampfspielen half dem FC Bayern München in dieser Saison schon oft ein hoher Ball auf den Kopf des Aushilfsstürmers Daniel van Buyten. Doch der Mann für den Befreiungsschlag fehlte. Für ihn spiele wie schon zuletzt der 19-jährige Diego Contento auf der linken Seite, Holger Badstuber rückte in die Innenverteidigung neben den solide spielenden Martin Demichelis. Und so war der Sturm auf sich alleine gestellt und dort gab Mario Gomez wie meist in den letzten Wochen ein ums andere Mal den Stimmungskiller: Der Nationalstürmer verstolperte Bälle, hatte Probleme bei der Annahme oder wählte den falschen Laufweg. Er wurde dann auch in der 65. Minute von Bayern-Trainer Louis van Gaal von der Party geschmissen, Miroslav Klose ersetzte ihn.

Es brauchte eine Einzelaktion von Franck Ribéry, um das Spiel zu entscheiden. Der setzte sich in der 78. auf der linken Seite durch, zog nach innen und überwand Wolfgang Hesl, der in der Pause für den am Arm verletzen Frank Rost ins Spiel gekommen war. Es war Hesls zweiter Bundesligaeinsatz und der 24-jährige Torhüter sah bei Ribérys Partyknaller ins kurze Eck nicht ganz glücklich aus. Genau wie der Franzose. Ribéry macht nach dem Tor ein Gesicht, als wäre er grade übel beleidigt worden. Der Fußballhedonist war nicht zum Feiern aufgelegt. Wohl weil ihm das Spiel aus zu viel Arbeit bestand – und zu wenig Party.

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