Kultur, Live

Superrave im Backstage – “Sommer, Bass, Hammer”

Sebastian Gierke
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superrave

Die grünen Ravewiesen in München. Der Sommer. Goetz und Meinecke. Und der Rausch. Am Sonntag feiert die Rote Sonne im Backstage Superrave.

In „Rave“, einem der besten Bücher über eben den Rave, über das Feiern in München, beschreibt der große Rainald Goetz, der Vereiniger von Zerstreuung und Konzentration, wie das ehemalige Babalu in der Leopolstraße einen ausgespuckt hat. Damals, Anfang der 1990er. Früh am Morgen. Eine Höhle voller Rauch, durch die man sich stundenlang voller Euphorie kämpft, die einen verdaut und die Reste, die übrig geblieben sind, spuckt diese Höhle nun auf die davor liegende Wiese, die Sonne steht hoch am Himmel, die Nacht – schon lange vorbei.

Wenn man diese After-Hour-Partys selbst nie erlebt hat, weil man zu jung dafür ist oder einfach nicht da war, während der ungezügelten Feiern, an diesem damals hippsten Ort Münchens, dann könnte man nach der Lektüre glauben, direkt vor dem Babalu hätte man sich nach durchfeierten Stunden auf einer endlosen Schmetterlingswiese hinstrecken können. So liest sich das bei Goetz. Tatsächlich mussten sich die, die nicht ins Bett wollten, einen schmalen grünen Streifen direkt an der Straße mit den Hinterlassenschaften der Schwabinger Hunde teilen. Und trotzdem ist die Goetzsche Beschreibung natürlich völlig richtig, aus seiner Sicht, aus der Sicht des Feiernden. Das hat nichts mit deformierter Realität zu tun, sondern mit einer im Feiern entstehenden, eigenen und deshalb natürlich absolut wahren Realität, aus der ein Mythos wird.

Denn Rave in München, das ist, wie überall sonst auch, ein Mythos. Befeuert durch Höhlen und Beats und Rausch und Quatsch. Ein Mythos, den man als Bündel von Ereignissen lesen muss, nicht als kontinuierliche Abfolge einzelner Geschehnisse. Und wenn Thomas Meinecke, noch so ein Mythenforscher des Feierns, vor einigen Tagen während einer Diskussion versucht, diese Haltung zu umschreiben, die Munich-Disco-Haltung, und dabei vom ewigen Stenz spricht, vom Katholizismus, vom Unehrgeizigen dieser Stadt, dem Herumliegen im Park, auf den Wiesen, dann ist das natürlich auch ein Mythos, aber einer, auf dem man in München seit Jahrzehnten die immer wieder aufblühende Feierkultur aufbaut: München ist Disco-Stadt, weltweit.

Und die sattgrünen Wiesen? Überall. Zum Beispiel am Sonntag im Backstage. Der Club Rote Sonne kommt aus seiner Höhle hervor, um dort Open Air den Superrave zu feiern. Es geht los, wenn die Sonne schon lange am Himmel steht, um 11 Uhr Mittags, die Schweden von Minilogue, Jichael Mackson (München) und das Kollektiv Turmstraße (Hamburg) spielen Livesets, dazu sind auf drei Open-Air-Floors über ein Duzend DJs angekündigt, unter anderem Dominik Eulberg und Inxec. Das Kapitel in „Rave“ in dem es um das Feiern unter freiem Himmel geht, hat Rainald Goetz so überschrieben: „Sommer, Bass, Hammer“.

Das gesamte Programm gibts hier: Superrave.


Superrave, Sonntag 4. Juli, 11 Uhr, Backstage, Wilhelm-Hale-Straße 38.

[Disclaimer: Der Text ist in ähnlicher Form in der SZ erschienen]

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