Stadt

Das Tivoli ist tot

Peter Teschke
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PGV 2011-01-10*20

Es war ein kurzer Abschied. Ein letztes Mal blickten die Kinoliebhaber noch zurück in die Passage im 50er Jahre-Stil, bevor sie mit einer überdimensionalen Todesanzeige und der symbolischen letzten Klappe vor dem Tivoli-Kino in der Neuhauser Strasse Stellung bezogen.
PGV 2011-01-10*26

Aller Protest hat nichts genützt. Über 2000 Unterstützer versammelte der Münchner Künstler Anton Kammerl auf Facebook für die Erhaltung des Münchner Traditionskinos. Doch jeder Versuch die Betreiber umzustimmen oder zumindest den Nachmieter, die Parfümeriekette Douglas zum weiteren Betrieb des Kinos zu animieren, waren umsonst.

„Als ich von der bevorstehenden Schliessung des Tivoli-Theaters hörte bin ich sofort hingelaufen um mich zu informieren“, erzählt Anton Kammerl. Die Entscheidung der Betreiberfamilie Preßmar, das aus ihrer Sicht unrentable Tivoli aufzugeben und sich ausschliesslich ihrem zweiten Kino, dem Filmtheater am Sendlinger Tor zu widmen, wollte er nicht akzeptieren.

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Bis zum Freitag vergangener Woche führte Kammerl zahlreiche Gespräche mit der  Betreiberfamilie Preßmar, der Stadt München, zuletzt sogar mit Jochen Halfmann, General Manager von Douglas und rief via Facebook zur Demonstration für den Erhalt des Kinos auf.

Doch die Entscheidung der Betreiber war schon lange bevor sie publik wurde, durch Verträge zementiert und damit unumstösslich geworden.  Anton Kammerl ist enttäuscht. Er glaubt, von Seiten der Betreiber wurde nicht genug unternommen um das Kino zu retten. Auch von Douglas hätte er mehr erwartet:

„Hier wäre eine einmalige Chance für den Konzern gewesen, sich die Herzen der Münchner zu erobern. Die Integration des im Keller liegenden Kinos in die Verkaufsräume der Parfümerie, wäre ein zukunftweisendes Experiment und mit den Möglichkeiten des Konzerns möglicherweise zum Publikumsmagnet geworden. Stattdessen wird ein Stück über Jahrzehnte gewachsener Münchner Kultur durch die inzwischen siebte Douglas-Filiale im Stadtkern ersetzt. Münchens Innenstadt verliert mit dem Tivoli ein weiteres Stück Individualität und reiht sich in die Gleichförmigkeit und Austauschbarkeit anderer Grossstädte ein.“

Nachdem die Aussichtslosigkeit der Rettung bekannt wurde,  folgten dem Aufruf zur Demo nur noch Herr Kammerl und zwei weitere Mitstreiter, um Abschied von „ihrem“ Kino zu nehmen.

Doch Anton Kammerl sieht auch Gutes in der Aktion. So habe er auf Facebook jede Menge Unterstützer der Münchner Kultur versammelt und Öffentlichkeit für sein Anliegen geschaffen. Seine Tivoli-Unterstützer, so hofft er, werde er künftig in ähnlich gelagerten Fällen als “schnelle Eingreiftruppe“ zur Verfügung zu haben.

Seit einigen Tagen hat seine Facebookgruppe sogar einen prominenten Unterstützer gewonnen: Kinobetreiber Oliver Preßmar hat sich ebenfalls dort eingetragen.

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