Kultur, Nach(t)kritik

Schnitzeljagd 2.0

Laura Goudkamp
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Das Highlight eines jeden Kindergeburtstags, die Schnitzeljagd, hat nun endlich auch das elektronische Zeitalter erreicht. Unter dem Motto „Oper für alle“ stürmte ein Mob von ca. 150 Teilehmern am Dienstag, den 28. Juni, die bayerische Staatsoper, das Ziel der elektronischen Schnitzeljagd. Wir waren da.

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Zum Auftakt der Münchner Opernfestspiele luden die „Urbanauten“, die Organisatoren, am Dienstag zur ersten Münchner Opernhausbesetzung ein. „Opernhausbesetzung“- das klang groß, „Echtzeit-Happening“ – beeindruckend. Warum also nicht teilnehmen? Die Anmeldung erfolgte ganz einfach über SMS, Twitter oder Facebook. Im Laufe des Happenings bekam man Nachrichten mit neuen Hinweisen zum Happening, zur elektronischen Schnitzeljagd.

Und tatsächlich um Punkt 17.45 Uhr erreichte uns die erste SMS mit der Information, wo das Happening vonstatten gehen sollte, und zwar am Maximiliansplatz. Dort eingetroffen beäugte man genau die anderen Passanten, die lässig am Brunnen lehnten und scheinbar unschuldig die letzten Sonnenstrahlen genossen. 18.43 Uhr, die nächste SMS. Plötzlich strömten die noch eben gemütlich flanierenden Menschen auf die Mitte des Platzes zu. Dort wurde von den Organisatoren der Ablauf erklärt und es wurden weitere Informationen gegeben. Eine elektronische Schnitzeljagd mit Flashmobeinlagen war geplant.

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Ziel der ganzen Aktion: die Erstürmung der bayerischen Staatsoper.

“Die Oper gehört uns“- so das Motto. Die nun geouteten Teilnehmer, ein wilder Mix aus allen Altersgruppen, wandelte eine Stunde lang twitternd, facebookend und simsend durch die Münchner Innenstadt, fortlaufend von den Organisatoren über die neusten Schritte informiert.

Erster Flashmob auf dem Weg zur Staatsoper: Walzereinlage vor dem Wittelsbacher Brunnen am Lehnbachplatz mit Blechbläsern der Bayerischen Staatsoper. DAMENWAHL, so lautete der erste Auftrag. Nach kurzem Zögern wurde schnell ein Tanzpartner in der Menge gesucht und zu Blasmusik die Walzerschritte aufgefrischt. Fünfzig Paare tänzelten über den noch sonnigen Platz.

Nächste Station dann die „Fünf Höfe“. Unter der großen Metallkugel der Passage endlich die nächste Nachricht: FORME mit deinem Körper das Kunstwerk nach! Erst schüchternes Gelächter, doch dann kugelten sich die Menschen auf dem Boden der Fünf Höfe zum Kommando ROLL MOB(S). Von der Einkaufspassage ging es ab in die Tiefgarage und dann hieß es endlich „Sturm auf die bayerische Staatsoper“!

Der twitternde, simsende und facebookende Mob stürmte auf den Max-Joseph-Platz und auf die Staatsoper zu. Erstaunte Blicke und Gelächter bei den Passanten. Und dann nahmen wir sie endlich ein, die Staatsoper! Hinter den Fenstern der Oper der neue Auftrag KOMMANDO QUEEN: Royal winkten wir auf den Max-Jospeh-Platz hinab.

Die nächste SMS ermutigte uns die Stufen der Oper hinabzusteigen, bis wir uns in einem dunklen Raum landeten, dessen Umrisse nur durch einen schmalen Lichtschein in der Mitte und das Aufleuchten der Smartphones der Mitstreiter zu erkennen waren. Gespannt warteten die Teilnehmer, was passieren würde … lange Zeit nichts, doch dann öffneten sich die Vorhänge hinter uns und … wir fanden uns auf der Bühne der Staatsoper wieder.

Großes Staunen, offene Münder und große Augen.

Auf der großen Bühne wurden wir schließlich nochmals Zeuge turbulenter Handlungen und weiterer Flashmobs. Nachdem es sich die Teilnehmer auf der Bühne gemütlich gemacht hatten, gab es erstmal eine kleine Privatvorstellung einer Opernsängerin, die uns von den Besucherrängen zuträllerte.

Abgelöst wurde die Vorstellung durch den nächsten Flashmob: DISCO MOB! Zu den Klängen von Beethovens Fifth (natürlich in der Discoversion) wurde eine kleine spontane Party auf der Bühne in Szene gesetzt. Aber lange währte unsere Bühnenpräsenz nicht! Mit einer tiefen Verbeugung verabschiedeten sich die Teilnehmer dieses „Kunsthappenings“ von der großen Bühne. In der Zwischenzeit wurde auch die Flagge mit der Aufschrift „DIE OPER GEHÖRT UNS“ auf dem Dach der Staatsoper gehisst. Das Event klang dann noch gemütlich mit DJ, Freibier und Grillparty vor der Staatsoper aus. Was gibt es Schöneres, als nach einem großen Auftritt auf der Bühne den Abend auf den warmen Steinstufen der Staatsoper mit einem kühlen Bier ausklingen zu lassen!

Am Ende des Abends war zwar der SMS-Speicher voll, aber das nimmt man für den großen Auftritt auf der Bühne der bayerischen Staatsoper gerne in Kauf. Das „Echtzeit-Kunsthappening“ war also ein großer Erfolg, auch wenn nur ein Bruchteil der über 500 Angemeldeten teilgenommen hatte. Wer das Event am Dienstag verpasst hat und jetzt neugierig geworden ist, für den gibt es gute News. Im Herbst wird ein ähnliches Projekt im Rahmen des „Spielartfestivals“ gestartet! Also Smartphones bereit halten!

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