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Altwerden im Popgeschäft

Laura Goudkamp
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08_Killerpilze

Anlässlich des mucs-Themenheftes “Jung & alt” hat sich Jo Halbig, von den Killerpilzen mit mucs-Autorin Laura Goudkamp auf einem Münchner Balkon getroffen.

mucs: Hallo Jo! Schön, dass du dir Zeit für uns genommen hast. Unsere neue Ausgabe handelt von Generationen, also von Jung und Alt. Erste Frage: Welche Vor- und Nachteile hat es, schon so früh in der Musikbranche Erfolg zu haben?
Jo Halbig: Viele Vor- und viele Nachteile! Ein Vorteil ist vor allem, dass wir jetzt mit 20 Jahren schon alles erlebt haben. Nachteile gibt es auch: Wenn man so früh schon in der Musikbranche ist, wird man auch in der Branche erwachsen. Das heißt, jeder Schritt wird dokumentiert und damit muss man erst mal lernen umzugehen. Aber da wir alle ziemlich starke Persönlichkeiten sind, konnten wir das ganz gut verkraften, ohne dass das bei uns irgendwelche Schäden hinterlassen hat (lacht). Ansonsten sehe ich es als absolutes Privileg, schon so lang gemeinsam Musik machen zu dürfen. Wir haben die
geilste Jugend! Wir erleben und reisen so viel und ich sehe das als absoluten Segen, dass ich schon als 13-Jähriger anfangen durfte.

Ihr macht jetzt seit neun Jahren gemeinsam Musik. Wie hat sich der Stil im Laufe der Jahre verändert?
Angefangen hat es als reines „Spaßprojekt“. Wir haben begonnen Lieder zu covern. Am Anfang war es eher Fun Punk mit Texten einer jungen Band und wir haben darüber geschrieben, was uns beschäftigt. Wir hatten das Glück, dass es so viele Menschen erreicht hat und den Nerv der Zeit traf. Und seitdem versuchen wir uns stetig weiterzuentwickeln. Wir haben zwei Alben in unserem eigenen Label veröffentlicht. Das neue Album „Ein bisschen Zeitgeist“ haben wir selbst produziert. Außerdem arbeiten wir mit vielen neuen Effekten, seien es elektronische Elemente oder auch härtere Sachen. Generell sind wir einfach viel härter geworden (lacht wieder).

Ihr habt seit Jahren eine große Fangemeinde. Ist das eine ganz spezielle Altersgruppe oder sind eure Fans mit euch gealtert?
Es gibt einen wahnsinnig großen Kern, der immer da ist, der uns Jahr für Jahr auch begleitet. Wir sind sehr froh, dass wir so eine Fanbase haben. Die machen das Ganze ja auch möglich, also zum Beispiel die Arbeit mit dem eigenen Label. Es ist schön, dass sich das immer so weiter entwickelt. Vielleicht stehen ja bald zwei Generationen auf unseren Konzerten, so wie das jetzt bei den Ärzten ist: Es wäre auf jeden Fall erstrebenswert, Alt und Jung zu begeistern.

Euer neues Album ist gerade erschienen. Unter Zeitgeist versteht man ja die Denk- und Lebensweise eines Zeitalters. Wir würdest du denn unsere Generation, also die 00er-Generation, beschreiben?
Ich finde es schwierig, alle über einen Kamm zu scheren. Aber Aussagen, wie „Die heutige Jugend ist die schlimmste“, würde ich nicht bestätigen. Die heutige Jugend ist nanatürlich sehr auf das Internet fokussiert, das heißt, alles ist viel schnelllebiger geworden. Musik verliert immer mehr an Wert, was ich persönlich als Künstler sehr schade finde. Die Jugend von heute hat aber auch die meisten Möglichkeiten. Keiner macht mehr sein ganzes Leben lang den gleichen Job. Jeder kann als Quereinsteiger in verschiedene Bereiche einsteigen. Es gibt so viele Perspektiven, es geht nur darum, was man daraus macht, denn eigentlich muss man sich ja nur bedienen. Ich finde aber auch, dass der heutigen Jugend die „Ruhe“ abhanden gekommen ist. Das finde ich nicht so geil, und deshalb auch der Titel unseres Albums. Die Leute sollen sich einfach mal 45 Minuten entspannen und unser Album am Stück anhören.Wir haben diesmal auch viel mit Übergängen gearbeitet. Trotz alledem bin ich sehr froh, Teil dieser Generation zu sein.

Wann ist man in der Musikbranche alt?
Also ich glaube, dass Thema Alter wird in der Musikbranche noch viel entspannter betrachtet als beispielsweise im Sport.
Wenn man als Fußballspieler über 30 ist, gehört man schon zum alten Eisen. In der Musikbranche ist es so, dass ich zu vielen Künstlern aufschaue, die Mitte 30 sind, die ich aber, wenn ich sie auf der Bühne sehe, viel jünger schätzen würde. Musiker müssen einfach im Kopf immer ein bisschen Kind. bleiben. In der Musik gibt es kein Ablaufdatum. Man muss sich ja nur mal die ganz Großen anschauen: AC/DC, Rolling Stones, Cat Stevens … man sollte Musik so lange machen, bis man nicht mehr kann. Ich bin jetzt 21, da bleiben mir noch mindestens zehn Jahre, um so alt zu sein wie die Künstler, die ich im Moment bewundere. Das macht mir dann immer Mut.

Wenn ihr euch eine alte Band oder einen alten Musiker aussuchen dürftet, mit der/dem ihr zusammenarbeiten
dürftet, welche/r wäre das wohl?

(überlegt) Wahrscheinlich wären es die Ärzte, da die wirklich viel Einfluss auf uns hatten. Wir haben uns damals auch entschieden, wie die Ärzte deutsch zu singen. Das wäre unser größter Traum, mit denen mal auf der Bühne zu stehen. Wir haben sie ja auch schon kennen gelernt und uns sehr gut verstanden. Das allein war sicherlich schon ein Highlight. Aber dann musikalisch was zusammen zu machen, ist nochmal eine ganz andere Ebene. Ansonsten würde ich gerne mit Jimmy
Page von Led Zeppelin einen Song schreiben
(lacht).

Unser aktuelles mucs-Magazin handelt von Generationen.Was hast du von deinen Großeltern gelernt?
Von meinem Opa hab ich gelernt, ruhig zu bleiben, wenn die Ehefrau herumschreit. Der hat dann immer einfach sein Hörgerät ausgemacht, das fand ich immer ganz geil (lacht). Von meinem Opa hab ich aber auch die künstlerische Ader. Er hat gerne Gedichte geschrieben und ich hab ihm gerne dabei zugeschaut. Außerdem sind meine Großeltern sehr bodenständig, deswegen ist das bei mir wohl auch so verwurzelt, dass ich nie vergesse, woher ich komme. Daher kann ich immer ein bisschen Normalität ins Rock ‘n‘ Roll-Business einbringen. Und meine Oma hat immer gesagt: “Genieße dein Jugend!”

Wie finden denn eure Großeltern eure Musik?
Die verfolgen das natürlich so am Rande mit. Meine beiden Opas haben es leider nicht mehr mitgekriegt, dass wir eine Band gegründet haben. Meinem einen Opa hätte das auf jeden Fall sehr gut gefallen. Meine eine Oma versteht, glaube ich, nicht so richtig, was wir für Musik machen (lacht). Sie ist 91 und kann mit Rockmusik nicht so viel anfangen. Aber sie freut sich immer sehr, wenn wir im Fernsehen sind. Dann sagt sie immer: „Du warst mit deiner Kapelle wieder im Fernsehen!“. Meine andere Oma verfolgt das natürlich mit, meint aber, ich soll noch nebenbei was Gescheites lernen. Wie Omas halt so sind.

Worauf freust du dich schon im Alter und wovor hast du Angst?
Ich hab auf jeden Fall Angst vor Krankheiten, dass ich irgendwann so dahinsiechen muss. Mit der Vorstellung komm ich gar nicht zurecht. Hoffentlich geht es mir lange gut! Worauf ich mich freue? Ich hab den Traum, dass ich mal als 60-Jähriger an der Strandpromenade entlang fahre und neben mir eine attraktive 25-Jährige sitzt oder halt meine Ehefrau, mit der ich seit 40 Jahren glücklich verheiratet bin. Eins von beiden sollte schon sein. Hauptsache ich fahre nicht allein (lacht). Hoffentlich kann ich auch noch lange Musik machen! Auch ganz wichtig.

Wo siehst du die Killerpilze in 50 Jahren?
Ich hoffe, dass wir noch alle leben (lacht). Am
schönsten wäre es, wenn es so wäre, wie es Peter Fox in seinem Song „Haus am See“ beschreibt. Wir sitzen alle schön in unserem Strandhaus mit unseren Familien, Kindern und Enkelkindern und feiern gemeinsam ein großes Grillfest und vielleicht jammen wir alle zusammen. Ja, ich hoffe, dass wir das irgendwann mal erleben und ich freu mich schon drauf, wenn dann jeder von uns seine eigene Familie hat. Aber jetzt sind wir erst mal Anfang 20.

Und wo trifft man euch heute in jungen Jahren beim Weggehen in München?
Leider wohnen die anderen beiden Mitglieder der Band nicht in München, sondern nur ich. Ich bin immer überall und nirgendwo. Das Gute ist, dass ich überall reinkomme, weil die Leute mich oft kennen. Leider kann ich gar nicht so oft in München weggehen, da wir meist auf Tour sind. Wenn ich aber da bin, geh ich öfter mal ins „Atomic Café“, in Irish Pubs. „Cord“ find ich gut, “Pimpernel“ gelegentlich, „Blumenbar“. Aber ich genieße es auch häufig, nicht wegzugehen und nur
mit meinen Freunden zusammenzusitzen und Musik zu hören.

Danke für das Gespräch!

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