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Die drohende Zerstörung des Theaters

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Seit Jahren ist keiner mehr im Theater gewesen. Die Bühne wurde unliebsam hinterlassen. Irgendwelche Kulissen und ein unkoordiniertes Bühnenbild stehen noch herum. Es ist dämmrig. Und im Schrank wurde ein vergessener Schauspieler jahrzehntelang eingesperrt. Wen kümmert‘s? Katrin Dollinger, die das Stück auf die Bühne brachte, und drei Abende lang die Besucher des Pathos Theaters.

Dollinger schlägt vor: lassen wir den Schauspieler endlich aus dem Schrank. Auf geht die Schiebetür und heraus tapst ein Ritter (Calvin Schmidt). Es dauert nicht lange und er wird das Theater der Leere bemerken.

Welche Leere erlebt der Ritter? – eigentlich gar keine. Er kommt kaum dazu, seine Klausur im Schrank und die Leerstellen seiner Erinnerung zu verarbeiten. Schon ruft ihn eine Frau Dollinger an und gibt dem armen Unwissenden Anweisungen für eine mysteriösen Plan. Calvin, der Ritter, flieht ans Klavier, das auch eine Bar ist, um frustzusaufen. Und schon verführt ihn eine hypererotisierte Lala Dollinger. Sie nimmt ihn mit nachhause. Dort zieht sie ihn erst aus und zeigt ihm anschließend, wie man sich das Nichts vorstellt.

TDL Calvin Schroeder4 by Jo Braus_430

Von einer absurden Szenerie in die nächste gerissen, erfüllt das Theater der Leere keine Befreiung für Calvin Schmidt. Es versetzt ihn nach dem Schrankgefängnis nur in eine erneuerte Auswegslosigkeit. Und diese heißt: unlösbare Rätsel und schon längst abgeschlossene Pläne, in denen er die Hauptrolle spielt.

Calvin ist allerdings nicht der einzige, der sich wundern muss. Einigen skeptischen Gesichtern im Publikum schläft ihr Lachen im Laufe des Stückes ein. Was soll das alles? Kritik an den zunehmenden Einsparungen im Kulturbereich, die auch die Betriebsamkeit der Theaterhäuser stark beeinträchtigen? Die drohende Geltungslosigkeit von Bühnenschauspiel im Zeitalter von Youtube und kino.to vorführen?

Dass einige Anekdoten des Stückes in der Halle des Pathostheaters nur verhaltenes Echo erzeugen, ist jedoch das geringere Problem. Schließlich will das Theater der Leere auf keinen Fall eine Komödie sein. Unergiebiger scheint eher die Leichtfertigkeit, mit der die ganz großen und dem Stück zugrundeliegende Begriffe jongliert werden: das Nichts denken, sich der Leere ausliefern. Kann ein Theaterstück die Illusion aushalten, es selbst sei bereits abgeschafft? Wie zur Schau stellen, dass es um Alles und insbesondere – um(s) Nichts geht?

Stellt man sich solche Fragen, wird es mindestens kompliziert. Dollinger entscheidet sich in ihrem Theater der Leere für die ganz wilde Variante und bemüht eine Vision der verschwundenden Theater. Zum Glück ist das nicht nichts und läuft somit der eigenen Vision zuwider.

Zum Finale des Stückes wird die Sprengung des Pathostheaters verkündet und die Zuschauer um Selbst-Evakuierung gebeten. Kaum jemand stand auf und verließ die Halle: bei der Premiere am 16.02. blieben die meisten sitzen und warteten ruhig den Showdown ab. Droht nur mit der Nichtung des Theaters, wir wissen es besser.

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Theater der Leere
Im Pathostheater droht die Zerstörung des Schauspiels.

Schwere Reiter, Dachauer Straße 114
18.02., 20:30 h
Eintritt 15 €, ermäßigt 10 €
theaterderleere.de

Fotos: Jo Braus

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