Stadt, tagebook des Münchner Forums

Das Kreativquartier bekommt eine Mitte – aber behutsam

Kreativraum

„Wir wussten, dass es komplex werden und lange dauern würde“, sagte Münchens Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers zur Planung des künftigen Kreativquartiers an der Dachauer Straße. Anfängliche Unkenrufer vom Typ „Das geht gar nicht“ seien eines Besseren belehrt worden: Schritt für Schritt geht es voran. Jetzt hat eine Jury für die historische Jutier- und die benachbarte Tonnenhalle fünf Finalisten mit ihren Nutzungskonzepten ausgewählt. Bis zum Jahresende soll das finale Ausbau-, Einrichtungs- und Nutzungskonzept erarbeitet werden.

Zwei Dutzend Teams hatten Ideen eingereicht. Das hatte Küppers, wie er am 27. Juli in einer öffentlichen Präsentation der Jury-Ergebnisse sagte, weder in der Anzahl noch in der Qualität so erwartet. Die Jury war unter Küppers‘ Leitung mit dem früheren Intendanten der Kammerspiele, der Leiterin des Filmfestes, einer Kuratorin des Hauses der Kunst, der Stadtbaurätin, mehreren Professoren, Stadträten, Bezirksausschussmitgliedern und weiteren Personen bis hin zum Leiter des Kulturamtes Basel hochkarätig besetzt. Sie tat sich nach Küppers‘ Worten trotzdem schwer, die besten Ideen herauszufiltern.

Nach der Sommerpause werden die fünf Finalisten-Teams zu einem Workshop mit dem Kulturreferat zusammenkommen, um die Realisierung voranzutreiben. Küppers liess durchblicken, dass er es gern sähe, wenn sich dabei Kooperationen bilden. Bis Ende des Jahres soll dann das endgültige Konzept erarbeitet werden. Seine Umsetzung wird noch mehrere Jahre dauern und soll, wie mehrere Teams betonten, auch nicht für die Ewigkeit gelten. Das Nutzungskonzept müsse flexibel bleiben, für neue Ideen auch neuen Raum bieten, Umbauten und Umnutzungen so einfach wie nur möglich machen, aber trotzdem ein dauerhaftes organisatorisches Grundgerüst bieten.

Dieses Grundgerüst will eines der Teams in einem „alles durchdringenden“, aber noch unkonkreten Partizipationsansatz schaffen, ein anderes in Form einer gemeinnützigen GmbH, ein wieder anderes mit Hilfe einer Verwertungsagentur für künstlerische Produkte und ein Team, aus deren Präsentation man die Expertise eines Steuerberaters heraushören konnte, mit einer Stiftung des öffentlichen Rechts als Mitträger einer GmbH und eines Künstlervereins. Vier der fünf Teams wollen die bestehenden beiden Hallen aus Respekt vor deren historischer Industriearchitektur so original wie möglich stehen lassen – unterschiedlich sehen sie die Möglichkeiten, trotzdem Einbauten vorzunehmen, ohne den Raumeindruck zu zerstören. Ein Team möchte beide Hallen durch eine Brücke verbinden und darunter einen See angelegt wissen. Alle Teams möchten den Außenraum intensiv nutzen. Entscheidend dürfte aber sein, welches Innenraumkonzept sich schließlich durchsetzen wird.

Ob eine der beiden Hallen im Prinzip ein großzügig zu gliedernder Präsentations- und Veranstaltungsort und die andere eine deutlich kleinteiliger zu nutzende Produktions- und Bürohalle wird oder ob die eine für lautere und die andere für leise Nutzungen optimiert werden soll oder ob beiden Hallen Veranstaltungssäle bekommen sollen (ein Team schlägt in der Jutierhalle einen Theaterraum für 400 Gäste mit einer Teleskopbühne und in der Tonnenhalle einen weiteren Saal mit 500 Sitz- oder gut tausend Stehplätzen vor), wird erst die Optimierungsrunde im Herbst zeigen. Weitgehende Übereinstimmung bestand darin, dass die künftige Schule und die Hochschule in den Aktivitätenplan ebenso einbezogen werden sollen wie die künftigen Anwohner und die schon im Viertel beheimateten Nachbarn. Auf jeden Fall soll es ein oder mehrere Restaurants geben. Den erhöhten Mittelbereich der Jutierhalle sehen alle Teams als Veranstaltungsort, die einen mit, die anderen ohne Galerieeinbau, die einen mit festen Zwischenwänden, die anderen „nur“ durch Eiserne Vorhänge unterteilt. Weitere Details des Innenraumkonzepts gehen durchaus noch auseinander. So lässt sich noch nicht vorhersehen, ob und wo ein-, zwei- oder dreistöckig ausgebaut wird, wie viel Oberlicht über die Hallendecken bis ins Erdgeschoss dringen und wo überhaupt Tageslicht nötig wird. Ein Team beispielsweise plädiert ausdrücklich für eine schall- und lichtisolierte „Black Box“, in der dann auch Film- und Fernsehproduktionen unterkommen könnten. Ein Team denkt vor allem an die freie Künstlerszene und will dieser so kleinteilig und vielfältig wie möglich Raum geben, ein anderes kann sich auch große Veranstaltungen bis hin zu Messen vorstellen. Gemeinsam ist allen wieder der partizipatorische Ansatz: Nicht für kreative Nutzer soll hier ausgebaut, eingerichtet und vermietet werden, sondern mit ihnen. Ein Team fasste die zu bewältigenden Schritte so zusammen: zuerst gelte es, baulich zu sanieren, zu Beteiligende zu aktivieren und den Prozess so weit wie möglich zu öffnen, danach eine Grundstruktur für die Hallen zu entwickeln, also außer einem Planungs- und Steuerungsteam die bauliche Grundstruktur mit Treppen, sanitären Anlagen, einem Gastronomie- und einem Verwaltungsbereich mit Hausmeister sowie ersten Aktionsflächen zu konzipieren; in einem dritten Schritt gelte es, diesen Standort dann im Bewusstsein der Stadt zu etablieren, grundsätzlich aber nur befristete, auch nach der Ertragskraft der Mieter zu staffelnde Mietverträge anzubieten und abzuschließen und so als Schritt vier die stetige Erneuerung des Kreativquartiers möglich zu machen. Ein Team plädierte auch ausdrücklich dafür, ein Konzept zu realisieren, nach dem vor allem die schon auf dem Gelände tätigen Kreativen bis 2016 durch Umzüge in unterschiedlich lange zu erhaltende Altbauten in ihrem Betrieb abgesichert werden können. Die kommenden fünf Jahre sollten daher ausdrücklich als Probebetrieb aufgefasst und ausgeplant werden. Das gab spontanen Beifall, denn an tragbaren Zwischenlösungen ist diese Nutzergruppe logischerweise besonders interessiert.

Foto © Manuel Nagel

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