Kultur, Nach(t)kritik

Wenig Farben bei Fehlfarben

Marco Eisenack

fehlfarben_pfaff2Sind Wut, Frust und Selbstmitleid ein Privileg der Jugend? Nach einem denkwürdigen Auftritt der Fehlfarben am Sonntag im Feierwerk haben diese Frage wohl viele Besucher ganz, ganz schnell mit “Ja” beantwortet.

Wenn der SZ-Kritiker Dirk Wagner von einem Album schwärmt, lohnt es sich, die Ohren zu spitzen. Der Mann der tausend Gästelisten gilt als Navigator im ständig sich ausdehnenden Bandkosmos. Fehlfarbens neue Platte “Xenophonie” hat es Dirk angetan. “Zu wütend geraten die großartigen neuen Songs, als dass sie sich kleinlaut zwischen alten Hits verstecken würden. Fehlfarben-Songs sind immer noch aufmerksame Zeitzeugen, die als Kampfparolen missverstanden werden können: „Was passiert im Bankenland? Wann werden Banken wieder niedergebrannt?“, schreibt er in der SZ.

Na da ist man gespannt im Feierwerk. Hier steht man und wartet – eine Stunde länger als gedacht. Statt schwarzer Block viel graue Schläfen. Und was dann kam erschreckte in seiner phantasielosen Gestrigkeiten einige. Viele der ehemaligen Hausbesetzersymapthisanten hatten sich ein bisschen Revolutionsnostalgie erwartet. doch nicht einmal dafür reichte das, was die 1979 gegründete Band zeigt. Die Blicke der Besucher trafen sich – etwas peinlich berührt, ob des torkelnden Peter Hein im Zirkusdirketor-Kostüm.

“Mein einziger Lohn ist euer Applaus”, frotzelt Hein ins Mikro. Ein beleidigter Grundton eines volltrunkenen Künstlers, der sich in der Pose des verkannten Genies gefälllt (Musikwünsche mit dem Satz: “Wir sind keine Humanjukebox abweist”) und diese Rolle den ganzen Abend nicht mehr los wird. Ebensowenig wie sein reflexhaftes München-Bashing. (“Ich will eure Jobs nicht”)

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Ein Fehlfarben-Fan.

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Da ist es gut, dass in der Kranhalle nebenan eine Münchnerin die Bühne gemietet hatte, um Mahala Rai Banda – eine Combo aus Bukarest – ihren Balkan-Groove auspacken zu lassen. Fehlfarben wollen die Revolution und erreichen Selbstmitleid. Brigitta Erdödy (volxmusik-Macherin und Fotografin) will uns neue Musik vorstellen – nicht mehr und nicht weniger. Und erreicht viel mehr, nämlich 50 Besucher durch mit viel guter Energie zu versorgen. “Wenn einer die Welt verbessern will, dann braucht er positive Energie”, sagt ein Besucher der von den Fehlfabren in den bunten Balkanbeat stolpert. Er bleibt hier bis zur letzten Zugabe.

So war der Abend im Feierwerk für viele doch auch ein weiterer Beleg, wie sehr sich die Zeiten geändert haben. Heute hat man keine Lust mehr auf 80er-Jahre Punk-Attitüde mit Selbstmitleid und gepflegter Depression. Dafür sind die Zeiten heute viel zu ernst.

Heute hilft nur noch Funk: fett und mit der vollen Breitseite.

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Fotos: Sabine Pfaff

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