Fotobook, Kolumnen

Gute Aussichten und Neon-Klecksereien

„Ich bin Fotograf und als Fotograf bin ich auch Künstler.“ So sieht es die junge Fotografin Stephanie Steinkopf, Absolventin der Ostkreuzschule für Fotografie und diesjährige Preisträgerin von gute aussichten.
Sie sprach gestern in der Villa Stuck, stellvertretend für die acht weiteren Preisträger des Wettbewerbes GUTE AUSSICHTEN (Junge deutsche Fotografie).

„Ich bin Fotograf und als Fotograf bin ich auch Künstler.“ So sieht es die junge Fotografin Stephanie Steinkopf, Absolventin der Ostkreuzschule für Fotografie und diesjährige Preisträgerin von GUTE AUSSICHTEN. Sie sprach gestern in der Villa Stuck, stellvertretend für die acht weiteren Preisträger des Wettbewerbes GUTE AUSSICHTEN (Junge deutsche Fotografie).

Bei der Podiumsdiskussion in Anlehnung an die GUTE AUSSICHTEN-Austellung im Villa Stuck Museum wurde über die Chancen, die sich mit dem Wettbewerb für junge Fotografen ergeben, gesprochen. Schnell drehte sich der Diskurs allerdings hin zu einer ganz anderen, sehr zentralen Frage der Fotografie – wie ist der Zusammenhang zwischen Kunst und Fotografie? Gehört beides mittlerweile zusammen? Sind die Übergänge fließend, oder denken wir immer noch in Kategorien?

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Diese Fragen ließen das fast zweistündige Gespräch der fünf Probanden immer wieder im Kreis drehen.

Laut den beiden Jurymitgliedern, der Gründerin von GUTE AUSSICHTEN und Kunstwissenschaftlerin Josefine Raab und des Hauptkuratoren des Hauses der Photographie in den Deichtorhallen Hamburg Ingo Taubhorn, versucht das private Projekt GUTE AUSSICHTEN genau dieses Schubladendenken in der Fotografie aufzuheben. „Es muss seine Arbeit für ihn (den Nominierten) stehen, nicht seine Kategorie“, machte Josefine Raab deutlich.

“Die einzige Eingrenzung für die Teilnahme an dem Wettbewerb ist die Immatrikulation an einer deutschen Hochschule für Fotografie und die Empfehlung der Dozenten. Pro Hochschule dürfen maximal fünf Abschlussarbeiten eingereicht werden. Dieses Prozedere dient der ,Qualitätssicherung’ “, so Josefine Raab. Es ist aber auch ein Anreiz für die Studenten, zu diesen fünf auserwählten Teilnehmern gehören zu wollen.”Schon am Anfang des Studiums arbeitet man auf dieses Ziel hin”, meint Stefanie Steinkopf.

Aber was genau hat man eigentlich davon, von GUTE AUSSICHTEN nominiert zu werden? Es gibt weder Geld, noch einen ersten, oder zweiten Platz oder gar goldenen Pokale… “Das Stichwort ist hier ganz klar ,Sichtbarkeit’ “, so Stefanie weiter. Es geht darum, in  der großen weiten Fotografie-Welt gesehen zu werden. Ein weiterer positiver Punkt ist das Kennenlernen unter den jungen Nachwuchstalenten, sowie die Archivierung eines jeden Preisträgers im GUTE AUSSICHTEN-Portal. Immer wieder kann aus dieser Sammlung Bildmaterial für neue Ausstellungen geschöpft werden.

Unter der Moderation des bekannten Münchner Fotografen Jörg Koopmann erläuterte das Quintett weiter, wie schwierig es ist, als junger Künstler ins Museum zu kommen. GUTE AUSSICHTEN hat es geschafft, genau diese Problematik zu lösen und ermöglicht es ihren Preisträgern mit den Wanderausstellungen in bekannte Museen zu gelangen und so ein großes Publikum zu erreichen. ,,Das ist ein ,wertvoller Erfahrungshorizont’ für die unerfahrenen Studenten”, meint die Gründerin Josefine Raab. So kommen sie mit der Öffentlichkeit in Kontakt und lernen ihre Werke beispielsweise auf Pressekonferenzen zu erklären und zu erläutern.

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GUTE AUSSICHTEN ist im zehnten Bestehungsjahr dank des Villa Stuck Museums zum ersten Mal in München zu erleben. Auch der Galerist Jo van de Loo, der seit 2011 ein anspruchsvolles Programm mit Fokus auf Fotografie im Münchner Kunstareal zeigt und gestern Abend mit auf dem Podium saß, stellt gerne Arbeiten von GUTE AUSSICHTEN aus. Jo van de Loo wird zusammen mit Josefine Raab und Ingo Taubhorn auch in Zukunft junge Fotografen unterstützen und ihnen in die Museen und Galerien verhelfen. Gute Aussichten also!

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Ganz andere Aussichten erwarteten den Zuhörer nach der Diskussion im Keller des Museums: Eine dunkle und zugleich bunte Zelthöhle gab den Blick auf einen nur mit schwarzem, sehr knappem Höschen und weißem Ganzkörper-Netzkondom bekleideten langhaarigen Mann und eine neon-orange-farbene Frau mit Mundschutz frei. Um die beiden geisterten eine Fotografin mit Gesichtsmaske aus der Skiabteilung und ein auf cool getrimmter Mann im Bademantel mit Goldkettchen und Rollator herum.
Diese Voyeure fotografierten, ob mit Handy oder Kamera, dauerhaft das Geschehen in der Mitte. Laute Musik wechselte sich mit der Stimme des Tanga-Mannes, der englische, slamartige Texte vor sich hin schrie oder gar grunzte. Ein wiederholtes Stichwort war Technology, das immer im negativen Zusammenhang stand. Es fielen Sätze, wie „Break all Shadows.“ oder „Protect yourself for multiple Technology.“
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Bald fing die weibliche Begleitung an, den Mann mit der Flüssigkeit aus aufgeritzten großen bunten Leuchtstäben zu besprenkeln. Zwischendrin wurde wiederholt Nebel ausgeschüttet und Luftblasen von Maschinen produziert oder jemand sprühte mit Sprayflaschen irgendetwas undefiniertes in den sehr engen Raum.
Überall standen  Grablichter herum und bald fing der fast Nackte ebenfalls durch das ganze Neon auf seiner Haut an, bunt zu leuchten. Der Nebel verbreitete sich langsam im ganzen Villa Stuck Gebäude und jetzt wurde auch deutlich, warum drei der fünf Künstler einen Mundschutz trugen. Oder wollten sie nur eine Anonymität erzeugen?
Vielleicht hing es auch mit dem gesundheitsschädlichen Aspekt dieser Performance zusammen, dass nicht viele Zuschauer da waren.
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Die Performance hieß INVERTED HIGHLIGHTS (INREAL DARKNEZZ) und wurde dargeboten von GALLERY FIST, einem Künstlerkollektiv mit sozial-politischem Anspruch.

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Gallery Fist sind Jens Ivar Kjetsa, Markus Vogt und Marian Luft, der an GUTE AUSSICHTEN 2012/13 teilnahm. Für die Münchner Performance schloss sich zudem Tine Günther, Leipzig, an.

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