Leben, Stadt

Podiumsdiskussion: Der schmale Grat zwischen Meinungsfreiheit und Beleidung

Paris am 7. Januar diesen Jahres: Ein Wagen mit verdunkelten Scheiben nähert sich der Rue Nicolas Appert. Zwei Männer stürmen mitsamt ihrer Kalaschnikows in das Gebäude, wo die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo tagt. Sie töten 11 Menschen.

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Bildquelle: Valentina Calà via CC BY-SA 2.0

Angst um Meinungsfreiheit

Innerhalb weniger Minuten breitete sich die Mitteilung vor allem europaweit in sämtlichen Medien aus. Der Tod der Karikaturisten erschüttert ganz Europa: Spontan versammeln sich Menschen in französischen und deutschen Städten und demonstrieren parteiübergreifend für Toleranz und Meinungsfreiheit – Werte, die die westliche Welt prägen und nun gefährdet schienen. Gleichzeitig dazu solidarisiert man sich: „Je suis Charlie“ liest es sich auf Plakaten und in den Sozialen Medien.

Doch wie sind Menschen zu solchen Taten fähig? Fragen wie diese sind so alt wie die Debatte über den Terror.

In muslimischen Ländern wird das Attentat verurteilt, aber die Zeitschrift Charlie Hebdo sieht man dennoch kritisch. In Ländern wie Pakistan oder Niger entlädt sich ebenfalls Wut in Form von Protesten. Die Karikaturen werden hier als Blasphemie verstanden.  Mohammed – der Prophet, der mit dem Koran das Wort Allahs offenbarte – werde verspottet, weshalb sich viele Muslime in ihren religiösen Gefühlen beleidigt und verletzt fühlen.

Darf Satire alles?

Nicht nur in Europa ist man sich darüber einig, dass es Satire braucht, denn sie macht gesellschaftliche Tabus sichtbar, indem sie Grenzen hinterfragt und überschreitet. Aber wie weit darf man gehen? Gibt es nicht vielleicht doch Grenzen, die man wahren sollte? Die Fragen hat sich offenbar auch der  Chefredakteur der New York Times gestellt und sich dagegen entschieden, die Mohammed-Karikaturen des Satiremagazins abdrucken zu lassen, während sich viele europäische Zeitungen für einen Abdruck entschieden. Auch die UN zieht eine klare Grenze, wenn es um Provokation geht. Sobald gewollt sei, mit den Zeichnungen zu diskriminieren und zu religiösem Hass anzustiften, sei Rücksichtnahme geboten. Denn hier geht es bei genauerer Betrachtung um Toleranz und Akzeptanz gegenüber Menschen, deren Weltsicht man nicht teilt.

Je Suis Charlie

Bildquelle: Drriss & Marrionn via CC BY-NC-SA 2.0

Die Grenzen der Toleranz

In Bezug auf die noch immer anhaltenden Debatten findet am Donnerstagabend eine Podiumsdikussion statt. Unter dem Titel „Die Grenzen der Toleranz – Beleidigung oder freie Meinungsäußerung?“ sind im Haus der Kunst die Filmemacherin Hito Steyerl, der Leiter der Kulturabteilung vom Goethe Institut Joachim Bernauer und der Intendant der Münchner Kammerspiele Matthias Lilienthal zu Gast. Sie wollen die vielen Fragen, die nach den Morden in Paris aufkamen „aus dem Blickwinkel aktueller Konflikte in globalen, multikulturellen Gesellschaften“ analysieren. Über den konkreten Fall Charlie Hebdo hinausgehend, soll zum Beispiel thematisiert werden, ab wann Zensur sinnvoll sein kann und inwiefern „Beleidigungen, die auf reiner Intoleranz beruhen, unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit kundgetan werden“. Wie sollen konfliktreiche Themen wie Redefreiheit in der heutigen, zunehmend pluralistischen Gesellschaft geregelt werden? Eine Frage, die insbesondere in den Bereichen Kunst und Kultur immer relevanter wird.

 

Podiumsdiskussion mit Hito Steyerl, Joachim Bernauer, Okwui Enwezor und Matthias Lilienthal


Wo? Haus der Kunst
Wann? Donnerstag, 12.02, 19:30 Uhr
Eintritt frei

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