Kultur, Leben, Nach(t)kritik

Vom Hinfallen und Aufstehen: Die erste #failnight in München

Anika Landsteiner

Bereits am Tag zuvor musste der Anmeldeschluss gestoppt werden. Ca. 150 Menschen fanden sich letzten Donnerstag zur ersten #failnight im Muffatcafé ein – anscheinend herrscht Redebedarf, wenn es darum geht, wie man mit dem Scheitern in allen Lebenslagen umgeht. Oder, wie Samuel Beckett so schön sagte:
“Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.”

Vier Menschen betraten nacheinander für 10 Minuten die Bühne und sprachen über ihren bisher größten fail im Leben. Vom misslungenen Branchenwechsel bis hin zur gescheiterten Ehe war alles dabei. Und das war so richtig erfrischend, denn Schamgefühle mussten draußen bleiben.

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Auf die Schnauze fallen kann man ganz unterschiedlich und in jedem Alter – das wurde jedem schnell klar, der es vorher noch nicht wusste.
Florian Deising hatte es beispielsweise erwischt – studierte VWLer und jahrelang in verschiedenen Konzernen tätig, wollte zurück zu seinen Ursprungsgedanken: Als ehemaliger Pfadfinder und ganz vorne dabei, wenn es um Umweltfragen- und lösungen ging, suchte er nach neuen Herausforderungen. Er wollte zu einer Stiftung. Nach über 300 Bewerbungen und über 70 Veranstaltungen, bei denen er rein zum Netzwerken war, wurde ihm ohne nennenswerte Erfolge klar: Er ist am Branchenwechsel gescheitert. Trotzdem sagt er noch heute, dass Querdenker gebraucht werden, ihm persönlich habe im neuen Berufsfeld schlichtweg “die Demut gefehlt”. Er wollte was verändern, das heißt aber nicht automatisch, dass alle anderen das ebenfalls möchten. Mittlerweile ist er Mitgründer des Start-Ups der Bienen-Sauna, ein erfolgreiches Crowdfunding-Projekt. Und verändert damit wirklich was.

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Annette, die nächste Gescheiterte, berichtete darüber, dass mit der Insolvenz auch alles andere in ihrem Leben den Bach runter ging und sich selbst soziale Kontakte leise verabschiedeten. Cora, deren Ehe gescheitert ist, vergleicht eine Familiengründung mit einem Start-Up-Unternehmen und erklärt authentisch und mit Witz, dass auch das Projekt Familie durch unterschiedliche Vorstellungen ein Ende finden kann.

Zu guter Letzt betritt Heimo die Bühne, der das Publikum beim gefühlt ersten Wort zum Lachen bringt und dessen Selbstironie sich durch den kompletten Vortrag zieht. Er, Blogger und in der PR-Branche zuhause, hatte die in seinen Augen fabelhafte Idee, zu einem Treffen aufzurufen, bei dem alle zusammengekommen, die drei Schnapsflaschen zu Hause stehen haben, die sie nicht mochten – und zum Tausch anbieten wollen: Die #heimbarade. Was nach einer witzigen Idee klingt und an den eigenen Blick in die Hausbar – gefüllt mit Geschenken, von deren Ursprung man so gar keine Ahnung mehr hat – erinnert, scheiterte insofern, dass er der Einzige beim Treffen war. Inkl. seinen drei Flaschen Schnaps, die er zur #failnight erneut mitbrachte. Er verabschiedete sich mit dem Zitat, das ihm selbst mit auf den Weg gegeben wurde: “Don’t try to be funny – be funny!” Das hatte er an diesem Abend mit Bravour umgesetzt.

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Damit war die 1. #failnight München beendet. Es waren interessante und kuriose Geschichten dabei, aus denen man mit etwas mehr Struktur noch größeren Mehrwert für die Zuhörer hätte herausholen können. Eine offene Talkrunde mit allen Beteiligten am Ende? Konkrete Tipps für Menschen, die in der gleichen Situation sind? Es schreit nach einer zweiten Runde – damit das Scheitern noch besser gelingt.

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(Fotocredit: Deniz Ispaylar)

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