Anzeige, tagebook von Stroke Art Fair

“Es passt farblich zu meinem Sofa, ist auch ein Kaufargument”

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Stroke Art Fair Mitbegründer Marco Schwalbe im Interview

Raiko und Marco Schwalbe

Die Brüder Raiko und Marco Schwalbe riefen vor sechs Jahren die Stroke Art Fair ins Leben. Die Ausstellung geht mittlerweile in die elfte Runde. Auf der Münchner Praterinsel ist sie zum dritten Mal zu Gast.

Was unterscheidet die Stroke von anderen Kunstausstellungen?

Marco Schwalbe: Es gibt diesen Moment, da steht man vor einem Bild und denkt sich: Was soll das sein? Und dann muss man sich erst seitenlanges Geschwalle durchlesen. Mein Bruder und ich haben beide 15 Jahre Webung hinter uns. Du kannst mir ein Glas Wasser hinstellen und ich kann dir erklären, warum das ein Kunstwerk ist, dafür bedarf es nicht viel. Und genau davon wollen wir weg. Wir wollen, dass Leute wieder einen unkonventionellen Zugang zu Kunst bekommen, der über den Aspekt des Gefallens läuft. Und grade auf der Stroke merkt man, dass es wieder ein bisschen mehr um Technik und Handwerk geht, dass das Konzeptionelle, das in den letzten Dekaden so hochgespielt wurde, wieder verdrängt wird.Und wenn man sagt, das passt farblich gut zu meinem Sofa, dann ist das genauso ein Argument dafür, es zu kaufen, wie wenn man sagt, man sieht da darin die Wiedergeburt von irgendjemandem.

Was macht gute Kunst aus?

Die Medien stürzen sich am ehesten auf die Themen, die am prestigeträchtigsten sind. Und genau danach wird auch bemessen. Alles was teuer ist, wird auch für wertiger erachtet. Genau diesen Aspekt wollen wir übergehen. Bei der Musik ist das von Haus aus anders: Niemand würde fragen, ob das Musikstück, das gerade im Radio läuft, gut ist und ob es deswegen gefallen darf. Am Ende ist Kunst auch eine kreative Ausdrucksform wie Musik und am wichtigsten ist der persönliche Zugang. Und wenn sich jemand hinstellt und sagt, er weiß, warum etwas gut ist, funktioniert das in der Kunst einfach nicht. Das ist ein Bluff. Und genau davon wollen wir weg.

Kunst ist ein immer fortschreitendes Medium. Wo steht sie im Moment?

In den letzten drei- bis vierhundert Jahren gab es immer das Bedürfnis, dass sich Kunst neu erfinden muss. Da sind ein paar Leute um Leinwände drum herum getanzt, haben Farbe drauf tropfen lassen, andere haben mit Fett gearbeitet und so weiter. Wir haben heute aber so viele Einflüsse gleichzeitig, man kann niemanden mehr schocken. Man könnte einen toten Wal hier auf die Praterinsel legen, es gäbe eher Empörung als wirkliche Verstörung. Die Kunst, die heute vor allem in der jüngeren Generation entsteht, ist ein Mix aus vielen verschiedenen Elementen.

Welche Ziele hast du noch für die Stroke?

Was wir leider hier in München immer schwer realisieren konnten war digitale Kunst, das ist auch noch ein Faible von mir. Es hat sich sehr sehr viel getan in den letzten 15 Jahren im Bereich Animation und im Bereich digital painting. Das ist über das, was in den 80er und 90er Jahren programmiert und gezeigt wurde, weit hinweg. Da gibt es extrem spannende Sachen. Der Computer ist heute für viele zum Ersatz eines Pinsels geworden. Das Bild, das wir jetzt für die Werbung nutzen, ist komplett in Fotoshop entstanden. Aber wir können einfach keinen TV Hersteller davon überzeugen, uns für die Ausstellung 15 Monitore auszuleihen. Das wäre eine tolle Ergänzung, lässt sich aber schlichtweg nicht realisieren.Da fehlen uns leider die Sponsorings für die entsprechende Technik.

Welche Kunst hängt bei dir zu Hause an den Wänden?

Das wandelt sich sehr oft. Deswegen trage ich auch keine Tatoos. Ich habe einen Grafikdesign Background und deswegen gefallen mir immer wieder neue Sachen. Allerdings würde ich sagen, gibt es so einen Trend in den letzten Jahren, dass es abstrakter wird. Aber dennoch abstrakt mit einem gewissen Konzept: Viel Grafikdesign, allerdings auch Posterdesign. Für mich ist da auch die Grenze gar nicht so deutlich, wie sie vielleicht bei anderen wahrgenommen wird. Aber ich hänge oft um, das gebe ich zu.

 

Interview: Sarah Weiß

Fotocredit: Intoxicated Demons GmbH

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