Kultur, Nach(t)kritik

Tolle Songs, eine singende Säge und sehr sehr viel Hall – Soak im Ampere

Cornelius Zange

Am Eingang des Amperes liegt eine Schale mit Lutschern und Ohrstöpseln, die ein Münchner Jugendradiosender gesponsert hat. Den Lolli nimmt man gerne mit, aber Ohrenstöpsel bei Soak? Braucht’s das wirklich? Bisher kannte man sie so: alleine mit ihrer Gitarre auf der Bühne stehend und dabei nicht zu sehr auf den Putz hauend. Doch das hat sich für ihre aktuelle Tour geändert. Denn auf der hat sie nicht nur eine persönliche Gitarrenbeauftragte dabei, die ihr nach beinahe jedem Song ein neues Instrument reicht, sondern auch zwei Musiker, die sie unterstützen. Ein Schlagzeuger, der das tut, was ein guter Schlagzeuger machen soll: nicht zu viel, nicht zu wenig. Und einen Multiinstrumentalisten, der der Mischerin über den ganzen Abend immer wieder signalisiert, dass etwas mit seiner Technik nicht stimmt und munter zwischen Gitarre, Bass, Synthies und Samplerknöpfen hin- und herwechselt.

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Vor zwei Jahren war Soak bereits einmal im Muffatwerk zu sehen. Damals machte sie den Support für Chvrches. Dieses Mal freue sie sich, dass Leute gekommen seien, um ihre Musik zu hören. Dass die gut 50 Leute, die sich im Publikum befinden, tatsächlich nur deswegen da sind, äußert sich dadurch, dass es immer einen Moment still wird, bis die letzten Töne der Songs verklungen sind. Jeder lauscht beinahe andächtig der Musik. Ihr Dream-Pop, oder wie auch immer man ihre Musik nennen mag, fesselt und lässt einen nicht mehr los. Auf ihrem Debütalbum “Before We Forgot How to Dream”, das diesen Sommer erschien, reiht sich ein guter Song an den nächsten. Das ganze ist noch beeindruckender, wenn man weiß, dass die Irin gerade mal 19 Jahre alt ist und manche ihrer Lieder schon ein paar Jahre alt sind. Sie sind reich an Meldodie und Soak singt sie mit Herzschmerz und Gefühlen, die man ihr abkauft. In ihren Liedern geht es vorallem um’s Jungsein, das sie wohl so gut wie kaum jemand besingen kann.

“Der nächste Song handelt von dummen Dingen, die man tut und seinem Alter die Schuld dafür gibt” – Soak

Wenn Songs das haben, dann braucht es eigentlich nur sehr wenig, damit sie überzeugen. Meist reicht dann eine Gitarre und eine besondere Stimme. Beides hat Soak. Leider war ihr Konzert am Dienstagabend ein wenig, naja, überproduziert, falls man sowas auch über Konzerte sagen darf. Jede Menge Hall auf allem, insgesamt zu laut, dafür die Stimme zu leise und manche Songs drifteten durch Synthies oder die Gitarre von Soaks Begleiter, der sie klingen ließ wie eine singende Säge, ins Sphärische ab. Doch das ist Geschmackssache, klar, und Soak ist in einem Alter, in dem sie noch alles ausprobieren darf. Insgesamt bleibt ein Konzert mit guter Musik trotzdem ein gutes Konzert, nur denkt man sich, dass es hätte besser sein können.

 

Fotocredit: (1) Cornelius Zange (2) Anna Eichenseer

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